Mit fremden Hunden spielen – Gefahr für Whippets nicht unterschätzen

"Hinda del Solemel" Kanaan Hündin mit Whippets Koseilata's Kilimanjaro Kedira und Koseilata's Johnny Be Good Copyright: Eva-Maria Krämer

Als ich Nik als Einzelhund hatte, meinte ich immer, er müsse mit anderen Hunden spielen. Was gibt es Schöneres, als Whippets glücklich rennen zu sehen und die Passanten staunend stehen bleiben, um dem Schauspiel zu folgen! Doch wir lernten schnell, dass Spiel nicht gleich Spiel ist, sondern unter Umständen Lebensgefahr droht! Inzwischen gebe ich mir gar keine Mühe mehr Hundebesitzern zu erklären, warum ich meine Hunde nun nicht toben lasse, obwohl ihr Hund doch ganz lieb ist. Nur selten erkennen Besitzer anderer Hunde, wenn das vermeintliche Spiel kritisch wird. Selbst erfahrene Hundehalter scheitern, weil sie tatsächlich noch nie die Gelegenheit hatten zu beobachten, wie ihre freudig rennenden Hunde umschalten und mit “Mordlust in den Augen” den Whippet zu hetzen und abzufangen versuchen!

 

Grundsätzlich – Hunde sind auch nur Menschen und spielen nur mit Freunden. Ehrlich, haben Sie schon mal irgendjemanden, dem Sie zufällig begegneten, zu einem Spiel oder sportlichen Wettstreit aufgefordert??? Ich nicht… Freundschaften, die in der Jugend geschlossen und weiter gepflegt wurden, sind nach meiner Erfahrung immer freundlich geblieben. Seltener werden auch später noch Freundschaften eingegangen.

Fremde Hunde interessieren meine nicht, ausgenommen leckere Mädchen. Aber als junge Hunde nahmen sie gerne jede Gelegenheit wahr für eine Toberunde, egal wer sich bot. Aber Rassen sprechen unterschiedliche Sprachen! Windhunde “spielen” Hetzjagd, sie rennen in großen Kreisen, mal dieser, mal jener den Hasen mimend. Andere Rassen balgen sich lieber, ohne großartig zu rennen.

 

Frust macht böse…

nicht immer aber oft… Manche Hunde geben sofort auf, wenn sie keine Chance gegen den schnellen Renner sehen und haben scheinbar wichtigere Dinge zu tun. Aber Rassen oder Individuen, die kontrollieren wollen, werden wahnsinnig, wenn der Whippet gerade mal eben vor ihrer Nase noch einen drauflegt und den Abstand vergrößert, nur um ihn des Vergnügens wegen wieder zu verkürzen, immer darauf achtend, dass der Hintermann nicht den Anschluss verliert. Und dann passiert es… die meisten Hütehunde und auch Jagdhunde ertragen das nicht. Die erste Erfahrung machten wir mit einer netten jungen Deutschen Schäferhundin, deren Besitzer schwörten, sie “täte nichts, wolle nur spielen” und Nik hatte tatsächlich viel Spaß mit ihr, aber dann wurde er schneller und rannte ihr auf und davon. Ich habe noch nie so deutlich gesehen, wie sich der Gesichtsausdruck veränderte, sie schnitt seine Kreise ab und griff nach ihm. Nik erkannte die Gefahr und flüchtete zwischen meine Beine. In dem Moment waren auch der Ausdruck der Hündin und ihr Verhalten wieder normal.

Nach 20 Jahren Leben mit Collies war das für mich eine neue Erfahrung und ich finde, dass dies zu den wichtigsten Informationen gehört, die ein Züchter seinen Welpenkäufern mitgeben sollte. Natürlich soll man keine panische Angst haben vor Hundebegegnungen, aber Vorsicht oder besser Umsicht bei Freilauf ist immer angebracht.

Alle Hüte- und Treibhunde, die selbst sehr schnell sind und nie schnellere Hunde erfahren mussten, frusten schnell. Diese Hunde sind ausdauernder als die jungen Whippen und vielleicht auch bereit zuzugreifen, wenn man nicht einschreitet. Beobachtet habe ich die Situation auch mit einem jungen Spinone, von dem ich es nicht erwartet hätte. Auch mit Kedira und einer Galga hatten wir eine kritische Situation. Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

 

Sind diese Hunde böse?

Nein, natürlich nicht! Eine sehr liebe Freundin war ziemlich entsetzt, dass ich das Rennspiel mit ihren drei außerordentlich schnellen Colliehündinnen mit Singha unterbrach. Da wir uns gut kannten, ihre Hunde sehr gehorsam und außerordentlich umgänglich mit allen Hunden sind, ließ ich überhaupt erst zu, dass mein 10 Monate alter Junghund in einem whippet-relativ kleinen Auslauf mit den ihm fremden Hündinnen rennen durfte. Nach wenigen Runden begannen sie geschickt mit hohem Jagdlaut den kleinen Singha zu treiben, der um sein Leben rannte. Sofort erkannt und abgebrochen, passierte nichts, was aber, wenn wir nicht aufgepasst hätten? Vielleicht hätte es ihnen genügt, wenn er nun endlich stille stand, vielleicht aber auch nicht, es sind immer noch Tiere in ihrer Welt.

Hüte- und Treibhunde wurden dafür gezüchtet zu kontrollieren – Schafe nämlich, insbesondere schnell laufende Schafe – und Schafe sind schnell! Das Ausbrechen eines Schafes muss sofort diese Reaktion auslösen, es muss eingeholt, gestoppt und zur Herde zurück gejagt werden. Wenn diese Hunde nicht augenblicklich heftig reagieren würden, wären sie nutzlos. Typisch ist nach meiner Erfahrung in den Situationen, dass wenn der Gejagte still steht, sofort Ruhe ist, also nicht nachgebissen wird (Ausnahmen mag es geben, daher vermeide ich die Situationen). Das verwundert nicht, da die Schafe nicht verletzt werden dürfen. Wie sich z.B. Dobermänner verhalten würden, weiß ich nicht.

 

Singha hat Rückendeckung im Zaun gesucht, Kedira sieht seinen Sohn in Bedrängnis, kommt sofort angerannt und unterbricht die Situation – der junge Schäferhund versteht sofort. Hier hat man die Problematik des Größenunterschieds, weniger die Sorge, dass Aggression ins Spiel kommt. Kedira ist Christa nur zuvor gekommen, die schon auf dem Sprung war. Erfahrungen ja – aber immer in Maßen.
Das typische Spiel der Whippets – rennen, rennen, rennen… auch Winnie ist bemüht, dem ihm weit unterlegenen Junghund Singha nicht zu weit davon zu laufen
Saba mag den kleinen Singha und spielt ihn sogar an. Nicht zufällig liegt Kedira entspannt daneben.
Singha kann Saba zu einem Rennspiel motivieren, man beachte unten rechts Kedira, der genau aufpasst, dass nichts “anbrennt” – Hunde sind uns in allem weit überlegen, wir müssen nur lernen hinzuschauen…

Ich schreibe das so ausführlich für Ersthundebesitzer und weil ich immer wieder staune, wie selten Hundebesitzer die Situation erkennen. Ich werde sicher öfter für “verschroben” gehalten, wenn ich doch lieber mit meinen Hunden meiner Wege gehe…