Sable Merle beim Collie

Sable Merle - höchst umstritten unter vielen FCI-Züchtern

Merle ist keine Farbe!

Daher gibt es lt. FCI-Standard genetisch gesehen nur zwei anerkannte Farben beim Collie: Tricolour und Sable

Merle ist ein unvollständig dominantes Gen, das auf die Fellfarbe wirkt: bei Schwarz hellen bestimmte Stellen in Grautöne auf, die von dunklem bis silbrigem Grau reichen. Auf das Tan, die gelben Abzeichen beim Tricolour, wirkt sich das Merle-Gen nicht aus.

Auf die unterschiedlich intensiven Tönungen beim Sable wirkt sich das Merlegen mehr oder weniger deutlich sichtbar aus. 

Da es ein unvollständig dominantes Gen ist, muss immer ein Elternteil Merle sein. Merle kann nicht nach einigen Generationen unerwarteter Weise auftreten, wie das bei rezessiven Erbanlagen der Fall ist. Daher ist es ganz einfach zu handhaben: 

Sind beide Eltern nicht Merle, gibt es keine Merles, 

ist ein Elternteil Merle, kann es Merlewelpen geben, 

sind beide Eltern Merle können sog. Double Merles auftreten, die vorwiegend weiß und meist blind und/oder taub sind. 

Uraltes Muster bei Arbeitshunden

Merle ist keine neue Modezüchtung, denn wir finden es bei den traditionellen Arbeitshunden wie Border Collie, Welsh Corgi Cardigan, Shetland Sheepdog, Welsh Sheepdog, Bearded Collie, Pyrenäenschäferhund, Australian Shepherd, Catahoula Leopard Dog, Deutsche Dogge, Teckel, Beauceron und dem Dunker, einer Jagdhunderasse in Norwegen, um nur einige zu nennen. 

Wäre der Merlefaktor in irgendeiner Weise der Leistungsfähigkeit der Hunde abträglich, gäbe es keine merle Hunde. Man züchtet einfach nicht damit und schon ist er weg – ein für alle Mal. Beim Bearded Collie ist es tatsächlich so, dass die alten Arbeitslinien in Großbritannien heute noch Merle zeigen.

Blue merle Bearded Collie aus einer Verbindung eines aktiven Arbeitshundes ohne Papiere mit eingetragenem Bearded Collie in Großbritannien.

Probleme der Erkennung

Verpaart man zwei Merles, kommt es zu geschädigten Nachkommen. Das ist laut unserem Tierschutzgesetz verboten und wird von den Rassezuchtvereinen im VDH konsequent umgesetzt. Als ich mit den Collies anfing, war es noch üblich, Merle zu verpaaren. Da die Würfe ohnehin auf 6 Welpen reduziert werden mussten und üblicherweise mehr als 6 fielen, war es für die Züchter kein Problem die unerwünschten Double Merles auszumerzen. Auch das ist heute verboten. 

Bei der erlaubten Verpaarung von tricolour Hunden mit Merle ist der Merlefaktor durch den deutlichen Helligkeitsunterschied gut zu erkennen. Mal abgesehen von den “cryptic Merles”, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, weil sich das Merle auf z.B. ein paar Haare an den Ohrenspitzen oder ein grauer Splitter in der Iris des Auges beschränkt. 

Sable Merle Welpen sind oft nur bei der Geburt klar zu erkennen, wenn sie noch ein leicht marmoriert erscheinendes Fell aufweisen. Das kann sich so verändern, dass beim erwachsenen Hund auf den 1. Blick der Merlefaktor nicht zu erkennen ist. 

Arbeitshund – Welsh Sheepdog. Man muss schon genau hinsehen, wenn man die sable merle Schattierungen im Fell erkennen will

Sable Merle in den USA

In den USA hat man sable Merle in den Standard aufgenommen, weil die Verpaarung dort sehr häufig durchgeführt wird. Man nutzt den Hund, der am besten passt und genießt mit den sable Merles den Vorteil, in einem Wurf alle Farben zu erhalten. Paart man einen mischerbigen sable Merle (er trägt ein Gen für tricolour) mit Tricolour kann man mit allen Farben rechnen. 

Sable merle Collie in den USA – hier verrät das blaue Auge die merle Herkunft auf den ersten Blick, erst auf den zweiten sieht man die Schattierung in der Maske über den Augen

Sable Merle in Großbritannien

Dort kann die Verpaarung gemacht werden und die Welpen werden unter “any other colour” eingetragen. Das System verbindet damit keine Qualität, z.B. diese Hunde aus der Zucht oder dem Showring auszuschließen. Sicherlich hätte es ein offensichtlicher sable Merle in England schwer platziert zu werden, aber zur Zucht kann er uneingeschränkt eingesetzt werden. 

Hier noch eine sable merle Welsh Sheepdog Hündin – ein echter Arbeitshund

Sable merle in Deutschland

Wie in vielen Ländern ist auch in Deutschland die Verpaarung verboten. Seit ein Gentest bei einer sable merle Verpaarung Aufschluss über den Status der Welpen gibt und kein unerkannter Merle kann “durchgehen” kann, gibt es jedoch keinen vernünftigen Grund mehr, an dem Verbot festzualten. Rein theoretisch müsste man den Gentest auch den tricolour-merle Verpaarungen abverlangen, es könnte sich ja ein “versteckter” Merle unter den schwarzen Welpen verbergen… Das dürfte allerdings nur sehr selten vorkommen, tatsächlich kenne ich nur einen Fall, in dem aus zwei Tricolours blue merle Welpen kamen. Zuerst dachte man an einen falschen Vater, aber es stellte sich heraus, dass ein Elternteil bei genauem Hinschauen Hinweise auf Merle zeigte (DNA-Test gab es damals noch nicht). 

Züchterische Verantwortung

Es sollte einzig und alleine dem Züchter obliegen, für sein Zuchtprogramm eine solche Verpaarung für notwendig zu erachten. Sable Merle Welpen lassen sich sicher nicht besser verkaufen, dazu sind sie viel zu unauffällig. Sie werden also kein Verkaufsschlager sein, der zu ihrer “Produktion” verführt. Da sie lt. FCI-Standard nicht mit Erfolg ausgestellt werden können und hierzulande keine Zuchtzulassung erlangen, ist eine solche Verpaarung für einen Züchter ein Risiko, denn ganz bestimmt ist der beste oder gewünschte Welpe aus dem Wurf dann sable merle… Kein Züchter wird sich also ohne guten Grund und vernünftige Überlegungen einer solchen Verpaarung widmen, ganz abgesehen von den Kosten für die Gentests der Welpen. (Es gibt natürlich auch keinen Grund, mit sable Merle nicht zu züchten, wenn man sich in der Genetik auskennt. Sicherlich fürchten die Gegner der Freigabe der sable merle Verpaarung die Zuchtzulassung als nächsten Schritt – so what? Es steht den Zuchtvereinen frei, diese Verpaarungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen.)

Die heiße Diskussion um das Für und Wider der Verpaarungen von sable Merle zeigt, dass noch viel mehr Aufklärung und Schulung der Züchter in Sachen Genetik und Aufbau einer eigenen Linie nötig ist, denn wenn man das vor hat und in Generationen denkt, und das ist für mich züchten, muss man auch “unübliche” Wege beschreiten können. Da dürfen bei all’ den Dingen wie Genvielfalt, Anatomie und Gesundheit, die vorrangig zu beachten sind, Farbe oder Zeichnung kein Hindernisgrund sein.

Was die Vereine hier züchterisch erlauben, bestimmen weder der Dachverband VDH (die Zuchthoheit liegt bei den Vereinen) noch die FCI. Der FCI-Verband Frankreichs gab die Verpaarung ausdrücklich frei, mit Auflage der Gentests, doch der Collie Club beharrt nach wie vor auf dem Verbot. Der britische Kennel Club gab am 9. Januar 2020 ein Statement zur Eintragung von merle Hunden ab. https://www.thekennelclub.org.uk/press-releases/2020/january/registration-of-dogs-of-merle-colouring/

Darin wird festgelegt, dass merle Welpen nur noch bei den Rassen eingetragen werden, bei denen der Merlefaktor traditionell vorkommt. Wörtlich: “Die Rassen, bei denen auch weiterhin merle Welpen eingetragen werden, sind Australian Shepherd, Beauceron, Border Collie, Cardigan Welsh Corgi, Dachshund, Deutsche Dogge, Pyrenäenschäferhund, Collie Lang- und Kurzhaar, Shetland Sheepdog.” Grund für den Beschluss war, dass immer mehr Merles als “neue” Farbe auftauchen, z.B. beim Pudel oder der französischen Bulldogge. Hier können Merle-Welpen nur aufgrund einer Fremdeinkreuzung auftreten. 

In keinem Satz spricht der Kennel Club von “blue merle”, sondern Merle, demnach werden beim Collie sable Merles eingetragen. 

Text und Fotos Copyright Eva-Maria Krämer