Ich hatte das Glück, bei einer bekannten Züchterin einer anderen Rasse, die sich jedoch intensiv mit den Herdenschutzhunden befasste, den Kraski kennenzulernen. Wunderschön, beeindruckend, aber… die Besitzerin war sehr offen, was den Umgang und die Haltung mit diesen Hunden anging. Damals waren Herdenschutzhunde noch nicht in aller Munde wie heute und die Kontakte in die Ursprungsländer schwierig. Mich hat dieser fantastische Rüde sehr beeindruckt, aber die Zucht wurde in Deutschland nicht weiter geführt.
Hier mein Bericht aus der Geflügelbörse Nr. 21 von 1988
Der Kraski Ocvar
Hie und da tauchte der eisengrau gewolkte Hirtenhund aus Jugoslawien schon im Laufe der letzten 30 Jahre auf, allerdings unter den Namen Ilyrischer oder Istrianer Schäferhund. Heimisch werden konnte dieser imposante Hund allerdings nie. Seine düstere Schönheit mit dem dichten Langstock haarigen Fell, Kraft und Entschlossenheit in seinem gesamten Verhalten ausdrückend, könnte so manchen Hundefreund bezirzen. Vor einer unüberlegten Anschaffung allerdings muss gewarnt werden, denn dieser Hund ist noch weit entfernt von einer auf Schau, Qualitäten gezüchteten, umgänglichen und problemlosen Hunderasse, die in unserer Zeit und unsere Umwelt passt.
Noch ganz Hirtenhunde
Sein Charakter entspricht noch ganz seinen Aufgaben als Hirtenhund, angepasst an seine Heimat und die dortigen Bedingungen. Ihn hier heimisch zu machen bedeutet, ihn seiner natürlichen Umgebung und Arbeit zu berauben, und das tut einem Lebewesen selten gut, wenn man nicht einigermaßen Ersatz schaffen kann. Dazu muss man wissen, wie der Hund in seiner Heimat lebt und was er braucht, um sich zu entfalten. Wer das nicht weiß und demgemäß bietet, wird schlechte Erfahrungen mit diesem Hund machen. So mussten aus einem vor vier Jahren in Deutschland gezüchteten Wurf einige Tiere eingeschläfert werden, weil das Zusammenleben mit ihnen nicht mehr klappte. Wer die Rasse näher kennen lernte, legte den Gedanken der Zucht ab. Aus Liebe zu den Hunden.
Schutzhund vor Wölfen und Dieben
Der Kraski Ocvar kommt aus dem Nordwesten Jugoslawiens, der verkarsteten Halbinsel Istrien und Slowenien. Sein Charakter ist geprägt durch die jahrhundertelange Aufgabe als Schutzhund vor Wölfen, streunenden Hunden und Dieben. Er ist kein umgänglicher auf Fingerzeig gehorchender Hütehund. Der Name Schäferhund führt leicht zu Missverständnissen! Der Schäfer konnte seine Herde durchaus selbst führen, meist mithilfe eines handzahmen Leitriers. beschützen konnte er sie nicht, dafür braucht er den starken Hund mit einem sehr kräftigen Gebiss. Der Schäfer lebte fern jeglicher Zivilisation jahraus jahrein mit seinem Hund zusammen und sah oft Monate lang keine Menschen Seele. Der Hund war sein einziger Gefährte. Beide waren eng miteinander verbunden verstanden einander auch ohne Worte. Legt es sich der Hirte nachts zur Ruhe, durfte der Hund nicht auf Anweisungen hoffen. Er musste selbstständig entscheiden und handeln, wenn ein Räuber auftauchte. Selbstverständlich musste dieser Hund robust, genügsam gesund wetterfest und absolut zuverlässig und unbestechlich sein. Diese Eigenschaften zeichnen den Kraski oft heute noch aus.
Reizvoll für den Hundekenner
Für den Hundekenner ist es sehr reizvoll, einen solchen Kameraden zu besitzen. Der Kraski Ovcar ist in der Familie sehr umgänglich und lieb. Er lernt schnell und gerne die üblichen Gehorsamsregeln. Gegenüber anderen gleichgeschlechtlichen Hunden ist er sehr unduldsam und geht kämpferisch gegen sie an. Das Problem in der Haltung liegt darin, dass er fremden Menschen gegenüber misstrauisch und unberechenbar ist. Seine Schärfe und Kraft machen ihn unter Umständen zu einem gefährlichen Gegner. Dabei ist er keineswegs bösartig, aber sein selbstständiges Denken hat er sich bewahrt. Seine Entscheidungen wann eine Situation bedrohlich ist und wann er einzugreifen hat, sind für den Halter oft nicht vorhersehbar und erkennbar. Wenn er blitzschnell angreift ist ein rechtzeitiges Einschreiten schier unmöglich. Der Umgang mit dem ansonsten so liebenswürdigen Kraski ist daher sehr schwierig und stellt die meisten Halter vor unüberwindbare Probleme. Wir können dem Kraski keine abgeschiedene Bergwelt bieten, in der er keine Fehlentscheidungen treffen kann. Kaum jemand kann dem Hund ein freies Leben bieten, ohne dass irgendwann für Mitmenschen eine gefährliche Situation eintritt. Ein einziger Unfall ist schon einer zu viel, denn er hat für den Betroffenen schwerste Folgen. Die kann ein Hundehalter nicht vertreten. Die Gesundheit eines Menschen kann man nicht durch eine Versicherungssumme gutmachen. Eingesperrtsein, wegsperren, damit er kein Unheil anrichten kann, ist das Schlimmste für diesen Hund, der eine enge Bindung zu seinem Herrn braucht. Ohne sie wird er völlig zügellos.
Es prüfe…
Es mag Menschen geben, die dem Kraski ein ideales Heim bieten können, in dem Hund und Herr glücklich leben, aber sie sind dünn gesät, und jeder, der mit dem prächtigen Hund liebäugelt, sollte sich selbst sehr gut prüfen, denn einen erwachsenen Kraski abzugeben ist sehr schwer, da er Fremden nicht leicht zugänglich ist und sich daher nur langsam an seine neue Umgebung und Familie gewöhnt. Der Kraski Ovcar erreicht eine Schulterhöhe von 50-60 cm bei 40 kg beim Rüden und 52-56 cm bei 35 kg bei der Hündin. Auffallend ist das starke Gebiss mit großen Fangzähnen. Die Ohren sind V-förmig und liegen an dem Kopf an. Die Augen sind braun und schräg gestellt mit ruhigem, selbstbewusstem Ausdruck, das langstockhaarige Fell mit dichter, schützender Unterwolle bildet am Hals eine starke Mähne und buschige Rute. Die Fellfarbe ist dunkelgrau mit hellgrau oder wolfsfarben.
Copyright Text und Fotos Eva-Maria Krämer