Rückblick – der Shiba – Fuchs im Hundepelz

Shiba Welpe
Shiba Welpe

Der Shiba gehört zu den wenigen Rassen, die rasant an Beliebtheit gewinnen konnten. Seit 1994 verdreifachten sich die Eintragungszahlen zu 1998 auf 90 Welpen. Wen wundert das? Das lächelnde, verschmitzte Gesicht, die leuchtenden Farben, die handliche Größe, das pflegeleichte Haarkleid versprechen einen charmanten, unkomplizierten Hund. Aber jede Medaille hat zwei Seiten, und ehe man dem Shiba ganz verfällt, sollte man ihn und vor allem die eigene Persönlichkeit als Hundehalter kennenlernen!

Shiba Gruppe mit drei Hunden
Shibas

Uralte Tradition

Der Shiba Inu ist von Haus aus ein Jagdhund. Als Stöberer wird er zwar vorrangig für Vögel verwendet, aber er treibt alles auf, was kreucht und fleucht, bis hin zu Wildschweinen und Bären. Ratten und Mäuse verschmäht er nicht, und so machte er sich auch als Hofhund nützlich. Seine Wachsamkeit wurde ebenfalls geschätzt. Traditionell waren diese Hunde Teil des Familienverbandes. 6.000 Jahre alte Knochenfunde weisen auf einen kleinen spitzartigen Hund hin und zeugen von seiner langen Verbundenheit mit dem Menschen. Der Name Shiba bedeutet „klein“, aber auch „Unterholz, Sträucher, Reisig“ und passt sowohl von seinem Äußeren als auch seiner Aufgabe als Stöberhund her sehr gut zu ihm.

Shiba Inu
Shibarüden Kamikaze As Aras An Uachtarain

In Vergessenheit geraten

Mit der Öffnung Japans 1854 kamen Fremde mit ihren Hunden ins Land. Einen ausländischen Rassehund zu besitzen wurde zur Prestigesache. Darüber wurden die einheimischen, vertrauten Hunde vergessen und verschwanden durch die Vermischung mit importierten Hunden. Nur in den entlegeneren Regionen konnten sie sich im ursprünglichen Typ erhalten. Etwa 1928 begannen Jäger und engagierte Hundefreunde, den Shiba Inu aus den verschiedenen kleinen Spitztypen des Inselreiches zu einem einheitlichen Hundetyp heranzuzüchten. 1932 wurde der erste Shiba in Japan registriert, 1934 der Rassestandard festgelegt und 1937 zum Naturdenkmal erklärt. 

Shiba
sesamfarbener Shiba

Neubeginn nach dem Krieg

Nach dem Krieg war die Rasse jedoch fast ausgestorben. 1949 nahm die Preservation Society of Japan mit 20 Exemplaren aus den verschiedenen Regionen des Landes die Zucht wieder auf. Von da an ging’s bergauf…

Shiba sitzend
black and tan Shiba-Welpe

Im dicht besiedelten Japan ist der Shiba heute populär und fand seinen Weg in alle Welt. Große Zuchten gibt es in den USA, aber auch in Europa ist die Rasse mittlerweile gut etabliert. In Deutschland gibt es Shibas seit knapp 20 Jahren.

Es prüfe wer sich ewig bindet

Auf den Shiba trifft das Sprichwort „drum prüfe wer sich ewig bindet“ besonders zu, denn angesichts des kleinen Hundes kann man sich überhaupt nicht vorstellen, dass es zu Problemen kommen kann. Frances Attridge, erfolgreiche und begeisterte Shiba-Züchterin aus den USA, formulierte die Eigenschaften des Shibas, die sie ihren Welpenkäufern stets ans Herz legt: „Sie jagen, klettern, graben, springen, streunen, raufen und zerstören“. Aus gutem Grund, denn in den USA, wo die Shibas derzeit „in“ sind, werden viele Welpen den Züchtern zurückgegeben, ausgesetzt oder ins Tierheim abgeschoben, weil die Besitzer nicht mit ihnen klarkommen. Sie gibt ihre Welpen stubenrein, leinenführig und bestens sozialisiert ab, um den Weg für eine glückliche, lebenslange Partnerschaft zu ebnen.

Eigenständiger Jäger

Die Charaktereigenschaften des Shiba sind typisch für einen selbstständig, nicht in der Meute jagenden Hund. Um sich vom Jäger zu lösen und eigenständig zu jagen braucht es einen gescheiten, mutigen Hund mit vollem Instinktpotential. Auch wenn der Shiba stets in der Familie gehalten wurde, so war er nicht den Zwängen unterworfen wie unsere Hunde hier und heute, sondern lebte frei und eigenständig mit dem Menschen zusammen. Übel erging es ihm nur, wenn er Mitglieder seiner Familie oder gar Kinder biss oder Haustiere tötete. Gehorsam verlangte man nicht. Die Hunde waren ausgelastet, hatten ihre Aufgaben, schritten sie ihr großzügig abgestecktes Revier ab, geriet niemand in Panik. Machten sie ihre Rangstreitigkeiten untereinander aus, störte das keinen. So erhielt sich in enger Gemeinschaft mit dem Menschen ein sehr ursprünglicher Hundetyp. Auf der einen Seite finden wir einen Hund mit sehr viel ursprünglichem Hundeverhalten außerordentlich faszinierend, auf der anderen Seite jedoch bedeutet es, Hundeverhalten zu verstehen und zu lenken. Dazu gehört eine gute Portion natürlicher Autorität. Wer sich erst darum bemühen muss, wird seinem Shiba immer unterlegen sein und ihm niemals etwas vormachen können. Shibas sind sehr intelligent, besitzen eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe und rasche Auffassungsgabe. Sie lesen uns wie ein Buch. Der Shiba wird die Führungsrolle seines Menschen immer infrage stellen. Und er wird denjenigen lieben, der es auf Hundeart versteht, unmissverständlich und in allen Lebenslagen ein hervorragender Chef zu sein. 

Shiba Portrait
Die süße Ricka hatte es in sich – ihr Grundstück brauchte einen Elektrozaun und sie war recht unwirsch gegen Hunde… die hellen Partien werden als „urajiro“ bezeichnet

Beschäftigung muss sein

Der aufmerksame, agile Hund will seinen regen Geist gebrauchen. Geben wir ihm nicht sinnvolle Aufgaben, dann sucht er sich welche nach seinen Vorstellungen. Und die stimmen selten mit den unseren überein, wenn der gelangweilte Hund die Sofapolster zerpflückt oder sich unter dem Zaun durchgräbt und Abenteuer sucht. Stundenlang kann man mit dem Shiba spazierengehen, aber Action muss immer dabei sein, sonst wird ihm langweilig. Schwierig gestaltet sich dieser Punkt wegen der ausgeprägten Jagdpassion. Dem Shiba entgeht kein Rascheln im Gebüsch. Und Gehorsam hört beim Ausleben seiner Instinkte meistens auf. Das bedeutet vom Welpen an viel intensive Beschäftigung mit dem Hund, ihn auf das gemeinsame Spiel und Aktionen zu konzentrieren. Freilauf geht vielleicht nur in wildarmen Gebieten.

Langes Leben

Da der agile kleine Kerl alles mit viel Eifer mitmacht, macht ihm Agility Spaß. Natürlich lernt er alle Übungen wie Sitz, Platz usw. blitzschnell, sie auf Verlangen unmittelbar auszuführen, fällt dagegen manchmal schwer. Nimmt der Shiba seinen Herrn nicht ernst, stellt er die Ohren gänzlich auf Durchzug und wird sein Leben an langer Leine verbringen. Ein langes Leben, denn der Shiba gehört zu den langlebigen Rasse. 18 Jahre sind nicht ungewöhnlich.

Riesenhund im Taschenformat

Wer Freude an einer starken Hundepersönlichkeit hat und mit ihr umzugehen weiß, hat im Shiba einen Riesenhund im Taschenformat. Der kleine Japaner findet immer ein Plätzchen, kann seine Menschen überallhin begleiten und alles mitmachen. Das dichte Fell schützt vor Kälte, Hitze, Nässe. Für Outdoor-Sportler ist er ein nahezu idealer Begleiter. Wachsam, aber nicht aggressiv, kann man sich mit einem Shiba im Haus sicher fühlen. Fremden gegenüber ist er zunächst unnahbar. So gut sich mehrere Shibas im Rudel verstehen mögen, so schwierig gestaltet sich der Umgang mit fremden Artgenossen. Da kommt es schon mal zu Streitigkeiten.

Shiba
Shiba Manlötens Uchi Katsu

Negatives vergisst er nie

Zum ursprünglichen Hundeverhalten gehört auch, dass sich der kluge Hund alles sehr gut merkt und negative Eindrücke nicht vergisst. Was für den wild lebenden Hund überlebensnotwendig ist, ist in unserer reizüberfluteten Umwelt fast ein Problem. Es ist deshalb wichtig, dass der Züchter die Welpen an Menschen verschiedenen Alters, insbesondere Kinder, Haustiere und Umwelteindrücke gewöhnt. Nicht im Übermaß, sondern sie dem Welpen entsprechend seiner eigenen Entwicklung bietet. Haben sich beim Shiba erst einmal unangenehme oder angsteinflößende Begebenheiten eingeprägt, vergisst er sie ein Leben lang nicht. Der Kinderstube des Shibas ist deshalb beim Kauf größte Bedeutung beizumessen. Lieber bei einem guten Züchter auf der Warteliste stehen als einen vorschnellen Kauf aus zweifelhafter Quelle viele Jahre lang bereuen. Bei seltenen Rassen wie dem Shiba muss man eben Geduld aufbringen und weitere Anreisen hinnehmen, aber es lohnt sich!

Pflegeleicht

Das plüschige Fell ist pflegeleicht. Nur zu Zeiten des Haarwechsels staunt man wie viel Fell der Hund wirklich hat. Mit täglichem, gründlichem Bürsten und einem lauwarmen Bad, wenn die Unterwolle nicht mehr in der Haut festsitzt, kann man die Zeit der Haarung verkürzen. Dennoch sollte der Hund regelmäßig gründlich gebürstet werden, wichtig für den Sozialkontakt, zur Früherkennung von Veränderungen am Körper etc. Sauber hält sich der Shiba ähnlich einer Katze selbst.

junger Shiba
Das lächelnde Gesicht

Rundum noch gesund

Er ist ein rundum gesunder und robuster Hund, Inzuchtschäden sind bei dieser Rasse nicht zu befürchten, da eine ausreichende Zuchtbasis vorhanden ist. Leider kommt beim Shiba die Hüftgelenksdysplasie vor, ungewöhnlich für solch kleinen Hund mit natürlichem Körperbau. Ebenso wird in der Zucht auf Patellaluxation geachtet.

Rückblick aus dem Deutschen Hundemagazin vom September 2000.

Der Shiba wird betreut vom DCNH und dem Shiba Club. 2023 wurden im VDH 131 Hunde eingetragen. 

Rassestandard