
Bei meinen Recherchen für den KOSMOS Hundeführer war mein Traumziel Ungarn mit seinen vielen interessanten Hunderassen. Ich wurde nicht enttäuscht, konnte ich doch Rassen auftun, die hier 1978 niemand kannte. Hier mein Bericht aus der Geflügelbörse 17/1982.

Wird in Deutschland von ungarischen Hunderassen gesprochen, so versteht man darunter in erster Linie die auffälligen Hirtenhunde, höchstens noch den roten Vorstehhund, der sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Aber wer weiß schon, dass es einen ungarischen Windhund gibt – den Magyar Agar.

Ursprung bei den Hirten Asiens
Auf den ersten Blick könnte man ihn mit einem englischen Greyhound verwechseln, tatsächlich ist er mit ihm verwandt. Alte Dokumente lassen vermuten, dass die Hirtenvölker, die aus Asien kamen, neben den Hirtenhunden auch einen Windhundtyp mit sich führten, der ihnen bei der Jagd behilflich war. Später wurden diese Hunde mit den Windhunden, die die Türken aus Kleinasien mitbrachten, vermischt.

Vom Jagdhund zum Rennhund
Der Agar wurde zur Jagd auf Hasen, Rehe, Hirsche und sogar Wölfe eingesetzt, da er schnell, angriffslustig und ausdauernd war. Im Mittelalter waren diese Hunde beim Adel sehr beliebt und es war Mode, hoch zu Ross mit den Windhunden zu jagen. Später schwanden die Jagdmöglichkeiten mit der landwirtschaftlichen Kultivierung des Landes und vor allem als der Adel an Einfluss verlor.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden englische Rennpferde importiert – auch der einheimische Windhund wurde bei Hunderennen nach englischem Vorbild eingesetzt. Um ihn schneller zu machen, kreuzte man ihn mit englischen Greyhounds.

Zurück zum Ursprungstyp
Heute wird die altherkömmliche Jagd nicht mehr ausgeübt, dafür aber der Rennsport, wo die Hunde auf einer Rennbahn einen künstlichen Hasen jagen. Das ist das Glück des Magyar Agar, ohne diese Wandlung wäre er mit Sicherheit ausgestorben. Allerdings opfert er seinem Überleben einen Großteil seiner ursprünglichen Form und wurde greyhound-ähnlicher. Die Ohren sind größer und fleischiger als beim Greyhound und werden ebenfalls als Rosenohr getragen. Insgesamt ist der Agar weniger gestreckt gebaut als der Greyhound sein Haar ist dichter, im Winter bildet sich reichlich Unterwolle, was die Hunde witterungsunempfindlich macht, so dass sie Sommer wie Winter im Freien gehalten werden können. Auf der Rennbahn ist der Agar nicht so schnell wie der Greyhound, aber bedeutend ausdauernder und ein sehr guter Springer. Der Agar ist Fremden gegenüber zurückhaltend, aber seinem Herrn ein treuer und liebevoller Begleiter. Er ist ein sehr guter Wachhund. In den letzten Jahren fand die Rasse auch Zugang zu deutschen Windhundfreunden.
Inzwischen – fast 50 Jahre später ist der Agar fester Bestandteil der deutschen Windhundszene, auch wenn es nur gelegentlich Welpen gibt. 2023 ist kein Wurf gefallen. Abgesehen vom Windhundtypus sind sie mit dem Greyhound nicht mehr zu verwechseln. Sie sind eher derb als elegant, so wie es der ursprüngliche Windhund Ungarns war, mit kräftigem Kopf, starken Knochen und dichtem Fell. Auch vom Wesen her ist er anders, territorialer, wachsam und nie everybody’s Darling. Er kann auch Bahnrennen laufen, aber Coursing ist eher seine Stärke.
Copyright Text und Fotos Eva-Maria Krämer