
von Myrna Shiboleth, Netiv Ha Ayit Collies und Shaar Hagai Kanaans, Bericht aus der Collie Revue von 1979
Geburt und Aufzucht
Kanaan-Hündinnen sind problemlose Mütter. Collies und die meisten anderen Rassen, die ich aus eigener Erfahrung kenne, sind meist lange vor dem Werfen unruhig, kratzen in ihrer Wurfkiste herum, hecheln und suchen allgemein Trost und moralische Unterstützung, was Stunden oder sogar Tage vor der Geburt beginnt. Ich hatte nie Sorge, nicht da zu sein, wenn eine Collie-Hündin werfen sollte – sie gab stets mehr als genug Vorwarnung. Kanaan Hündinnen sind weniger rücksichtsvoll. Die meisten Hündinnen kündigen sich kaum oder gar nicht an, einschließlich der erstgebärenden Hündinnen. Es ist ganz normal, dass die Hündin noch ein herzhaftes Mahl zu sich nimmt und sich vollkommen normal verhält, um uns dann eine Stunde später mit einem oder zwei Welpen zu überraschen.

Wurfakt
Der Wurfakt als solcher geht normalerweise sehr leicht vor sich. Nur bei zwei der über 50 Würfen, die wir in den letzten acht Jahren gezogen haben, mussten wir helfen. Beide Male war es eine erstgebärende Hündin, deren erster Welpe außergewöhnlich groß war.
Hündinnen, die zum ersten Mal werfen sind oft recht nervös, aber niemals bis zu dem Punkt, um die Welpen nicht ordentlich versorgen zu können, wie ich es in manchen Fällen bei den Collies beobachtet habe. Niemals haben wir erlebt, dass eine Kanaan-Hündin durchdrehte und sich auf ihre eigenen Welpen legte, was bei anderen Rassen sehr oft vorkommt. Ich habe solche Fälle von Collie-Hündinnen gehört, die zum Beispiel ihre Welpen nicht putzten, obgleich ich von meinen eigenen Hündinnen solche Probleme nicht kannte.
Der Wurfakt ist meist nach ziemlich kurzer Zeit beendet. Obgleich der durchschnittliche Wurf circa sechs Welpen enthält, hatte ich Kanaan-Hündinnen, die zehn oder zwölf Welpen in 2-3 Stunden warfen. Die meisten Collie-Hündinnen scheinen ebenfalls ziemlich rasch und mit minimalen Problemen zu werfen. Aber Collie-Welpen sind bei der Geburt kleiner als Kanaan Welpen.
Ungewöhnlich große Welpen
Wir wogen Welpen und Mütter und stellten fest, dass Kanaan-Welpen bei der Geburt viel größer sind, obwohl die Kanaan-Hündinnen leichter waren als die Collie-Hündinnen. In einigen Fällen machte das Gesamtgewicht des Kanaan-Wurfs um die 20 % des normalen Körpergewichts der Hündin aus. Auch dies könnte als Überlebenshilfe in der Wüste betrachtet werden. Die ungewöhnliche Größe der Welpen bei der Geburt kompensiert die Gewichtsabnahme durch Austrocknen in den ersten beiden Lebenstagen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Wüstenbewohner vergleichsweise größer geboren werden als diejenigen derselben Familie, die nicht in der Wüste leben.

Extrem sauber
Kanaan-Hündinnen sind beim Werfen extrem sauber. Einige Collie-Hündinnen reinigen ihr Nest auch recht gut, andere überhaupt nicht. Aber wir hatten niemals eine Kanaan-Hündin, deren Nest, sie selbst und die Welpen nicht vollkommen rein und fleckenlos nach Beendigung des Werfens gewesen wären! Einige Kanaan-Hündinnen gingen soweit, tot geborene Welpen aufzufressen um ihre Umgebung sauber zu halten. Ich habe dies nie bei einer Collie-Hündin beobachtet.
Afterklauen
Kanaan-Welpen werden gewöhnlich ohne Afterklauen geboren. Kamen sie gelegentlich vor, entfernten wir die Afterklauen am ersten oder zweiten Tag. Einmal hatten wir den Fall, dass eine eine Kanaan-Hündin die Afterklauen bei ihren neugeborenen Welpen abbiss. Ich habe nie einen Collie-Welpen mit Afterklauen gesehen.
Wurfhöhlen
Alle Kanaan-Hündinnen, die in einem Zwinger mit Naturboden lebten oder vor dem Werfen frei laufen durften, einschließlich im Hause gehaltener und wild geborener Hündinnen, graben sich ein Loch, um darin zu werfen. Diese Löcher hatten immer dieselbe Form: Ein tiefes Loch, groß genug, dass sich die Hündin darin bequem drehen kann, meist unter einem Felsen oder Baum. Die Höhle selbst ist durch einen abfallenden Gang zu erreichen, der nach links führt. Der Abfallwinkel des Gangs ist so gewählt, dass die Welpen, die in sehr jungem Alter versuchen heraus zu kriechen zurückfallen und ins Nest hinunter rollen. Diese Höhlen sind außerordentlich sicher. Durch die Biegung ist es unmöglich für Raubtiere oder irgendeinen sonst die Hündin und ihre Welpen zu erreichen. Die Hündin kann ihre Welpen schützen, indem sie ihren Körper vor den Eingang legt. Die Höhlen wilder Kanaans und der Beduinenhunde sind identisch. Wir versuchten die Hündin herauszubekommen, um die Welpen zu sehen, aber das war unmöglich
Hingebungsvolle Mütter
Kanaan-Hündinnen sind sehr sorgfältige und hingebungsvolle Mütter. Collie-Hündinnen sind im gesamten gesehen gute Mütter, aber wenn die Welpen fünf oder sechs Wochen alt sind, sind sie meist froh, sie loszuwerden. In diesem Alter säugt die Collie-Hündin meist nicht mehr, und wenn, dann nur noch minimal. Sie versucht vor den Welpen auszuweichen so gut sie kann. Die Collie-Hündin hört auch gewöhnlich auf das Nest zu reinigen, wenn die Welpen anfangen selbstständig zu fressen, obgleich sie sie noch pflegt
Die Kanaan-Hündin jedoch nährt und pflegt ihre Welpen noch bis zu weit fortgeschrittenem Alter. Hündinnen, die man bei ihren Welpen belässt, nähren sie 2-3 Monate lang, oftmals sogar länger. Sie reinigen das Nest, beziehungsweise die Wurfkiste, so lange wie nötig, obgleich Kanaan-Welpen, wenn sie die Möglichkeit haben, schon in sehr jungem Alter das Nest verlassen, um sich zu lösen. Die Hündinnen würgen den Welpen oft halb verdautes Futter vor.
Erziehung durch die Mutter
Kanaan-Hündinnen scheinen nicht nur den Drang zu haben physisch für ihre Welpen zu sorgen, sondern sie auch zu erziehen. Hündinnen, die bei ihren Welpen bleiben dürfen, unterrichten sie zu unserem großen Leidwesen, wie man Zäune erklettert, Löcher gräbt und aus dem Zwinger sonst noch entkommen kann. Ich habe einige Monate aus einem Versteck heraus eine Hündin beobachtet, die frei laufen durfte, deren vier oder fünf Monate alte Welpen im Zwinger waren. Die Hündin sprang entweder über den Zaun zu ihren Welpen oder kreiste so lange um den Zwinger, bis sie eine schwache Stelle im Zaun fand und ihren Welpen zeigte zu entkommen. Entweder hinüber, untendurch oder hindurch. Jedes Mal, wenn ich die Stelle flickte, zeigte sie ihnen eine neue. Diese Hündin führte ihre Welpen in den nahen Wald, ließ sie dort, kehrte zurück, beobachtete den Wald und wartete auf die Rückkehr der Welpen. Offensichtlich lehrte sie sie zurecht zu kommen.
Die Hündin lehrt ebenfalls ihre Welpen, wie man auf die Umwelt reagiert. Sie ist oft sehr aggressiv unbekannten Menschen gegenüber, die sich ihren Welpen nähern. Als Ergebnis bellen die Welpen jeden an, der ihrem Nest näher kommt. Auch schon im Alter von 2-3 Wochen!

Sehr viel schnellere Entwicklung
Kanaan-Welpen entwickeln sich sehr schnell. Diese extrem rasche Entwicklung und ungewöhnlich frühe Beweglichkeit, Koordination und Unabhängigkeit unterscheiden den Kanaan am meisten von den anderen Rassen. Die Entwicklung der Welpen zur Selbsterhaltung ist sehr viel schneller als die Collie Welpen.
Im Alter von drei Wochen reichen wir den Welpen zusätzlich zur Muttermilch meist Haferflockenbrei, Quark verdünnt mit Wasser bis er weich ist oder aufgeweichte Hundekuchen. Sowohl Kanaan- als auch Collie-Welpen stürzen sich sofort auf diese Zusatznahrung. Aber die Kanaan-Welpen fangen oft schon viel früher an, Futter aus der Schüssel der Mutter zu stehlen und versuchen erfolgreich mit zweieinhalb bis drei Wochen trockene Hundekuchen von der Ration ihrer Mutter zu knabbern. Collie-Welpen können das erst mit fünf Wochen.
Sehr reinlich
Kanaan-Welpen besitzen einen sehr stark ausgeprägten Reinlichkeitssinn. Schon im Alter von drei Wochen benutzen sie eine bestimmte Ecke zum Lösen. Wenn sie ihr Nest oder Hundehaus verlassen können, fangen sie sogar schon so früh an, aus ihrem Wohngebiet hinaus ins Freie zu krabbeln, um sich zu lösen. Wir hatten einen Wurf in einem Zwinger mit sehr weitmaschigem Zaun. Die Welpen krabbelten schon im Alter von vier Wochen durch die Maschen hindurch, lösten sich und kehrten anschließend zurück. Wir hatten Hündinnen und Welpen, die sich durch einen 8 cm hohen Spalt unter der Zwingertür hindurch quetschten, um sich außerhalb ihres Wohnbereiches zu lösen und danach zurückzukehren. Es war in diesen Fällen ganz offensichtlich, dass die Hündin ihre Welpen lehrte, ihren Wohnbereich nicht zu beschmutzen. Obwohl Collies von Natur aus reinlich sind, haben wir es nie erlebt, dass sie solche extremen Methoden anwandten, um ihr Nest sauber zu halten. Collie-Welpen benutzen mehr oder weniger einen Bereich ihrer Kiste zum Lösen.
Frühe körperliche Entwicklung
Kanaan-Welpen entwickeln die physische Kontrolle und Koordination ihres Körpers viel früher als andere Rassen. Wir hatten viele Welpen, die mit fünf oder sogar schon mit vier Wochen an den Wänden ihrer Kiste hinauf kletterten, um auf das Dach des Hundehauses zu gelangen. Kanaans aller Altersgruppen lieben es, auf Dächern oder jedem anderen erhabenen Platz zu sitzen. Das bedeutete eine Höhe von circa 1 m zu erklimmen in einem Alter, in dem die meisten Collie-Welpen noch nicht einmal aus ihrer Wurfkiste hinaus klettern können. Wie sie diese Höhe erkletterten, war faszinierend zu beobachten und vielleicht einmalig. Sie kletterten den Drahtzaun, der der Wurfkiste am nächsten lag, hoch in dem sie den Rücken gegen die Kiste als Stütze pressten. Welpengatter, die Collie-Welpen sicher beherbergen, sind für Kanaan-Welpen von 5-6 Wochen unzureichend – sie klettern darüber, graben sich drunter her oder finden ein Loch hindurch.
Aggressives Verhalten
Aggressivität und Besitzempfinden entwickeln sich ebenfalls beim Kanan-Welpen sehr früh. Schon mit drei Wochen reagieren sie auf Fremde mit Gebell, während Collie-Welpen dieses Alters mit dem Schwanz wedeln und sich um Liebkosungen bemühen, wenn sie den Fremden überhaupt wahrnehmen. Kanaan-Welpen sind außerordentlich aufmerksam und sich ihrer Umgebung bewusst. Mit zwei oder drei Monaten gibt es oft ernsthafte Streitereien zwischen Wurfgeschwistern, was darin ausufern kann, dass die weniger dominanten Welpen von der Futterschüssel vertrieben und vollkommen terrorisiert werden. Selbst so junge Würfe müssen in Paare aufgeteilt werden, da wir schon beobachtet haben, wie sich die stärkeren Geschwister zusammenrotteten und die schwächeren verprügelten, ja sie sogar töteten. Kanaan-Welpen sind noch aggressiver zu Welpen einer anderen Rasse.

Alpha-Welpen
Ein weiterer interessanter Faktor, den wir beobachten bei den Kanaan Welpen beobachten konnten, ist der deutliche Unterschied in frühem Alter zwischen den sehr dominanten Welpen eines Wurfes, die wir Alphawelpen nennen, und denjenigen mit schwächeren Durchsetzungsvermögen. Gewöhnlich kann man die Alphas schon mit drei oder vier Wochen deutlich erkennen. Sie sind viel dominanter und kontrollieren ihre Geschwister. In fast allen Fällen sind die Alphawelpen auch die schönsten. Gibt es mehrere Alpha Persönlichkeiten in einem Wurf, müssen sie sehr früh getrennt werden, oder es kommt zu ernsthaften Kämpfen. Collie-Welpen zeigen diese Aggressivität nicht. Ganze Würfe können oft bis zum Erwachsenenalter zusammengelassen werden, ohne dass es zu ernsten Problemen kommt, die über geringfügige Streitigkeiten hinausgehen. Selbst in Fällen von besonders dominanten Persönlichkeiten gehen die Streitereien niemals bis zu echten physischen Verletzungen und den Willen zu töten, wie es bei den Kanaans der Fall ist.
Schwierige Leinengewöhnung
Collie-Welpen lassen sich gewöhnlich sehr einfach an die Leine gewöhnen. Innerhalb von 5-10 Minuten an Halsband und Leine trotten sie glücklich neben her, ohne viel zu zögern und ohne Widerstand. Kanaan-Welpen, egal wie alt, wir haben es mit Welpen von 5-6 Wochen bis hin zu fast erwachsenen Hunden versucht, zeigen Scheu bis zur Panik, extremen Widerstand mit Geschrei und Kämpfen, sie werfen sich herum oder bleiben vollkommen regungslos und stur. Es ist ein langwieriger und schwieriger Prozess, ehe sie die Notwendigkeit einsehen, sich an die Begrenzung ihrer Freiheit zu gewöhnen.