Der Hund, den man nicht kaufen kann

Hund
Hollandse Smoushond - 1980er Jahre

Das holländische Smousje 

Mich haben diese Hunde sofort verzaubert und ich danke der Vereinigung, dass sie mir so nette Hundebesitzer mit typischen Exemplaren zur Verfügung gestellt haben. Die Fotos sind wirklich gut gelungen und wurden oft in Büchern und Zeitschriften, auch Kalender und Postkarten, veröffentlicht. Ich habe in der Zwischenzeit immer wieder ein Auge auf die Smousjes geworfen, manchmal war ich enttäuscht, manchmal sah ich Hunde, wie sie mich prägten. Verständlich, denn ein solches Zuchtprogramm braucht eine gewisse Vielfalt, im Aussehen und genetisch. Nach wie vor werden Smousjes nicht ins Ausland abgegeben, damit sie dem Programm erhalten bleiben.

Rückblick – Deutsches Hundemagazin vom Juni 2000

Hund vor Bauernhaus
Hollandse Smoushond

Es war Liebe auf den ersten Blick, nicht nur für mich. Zunächst war es rein kynologisches Interesse, das mich auf die Suche nach dem holländischen Schnauzer gehen ließ, denn der Vollständigkeit halber musste ich ihn in meinen KOSMOS Hundeführer aufnehmen. Dass dadurch eine Lawine losgetreten würde, konnte niemand ahnen. Denn wer immer meine Fotos vom Smous sah, war begeistert. Ich bekam Briefe und Anrufe, wo man einen solchen Hund kaufen könne. Wenn Sie nun meinen, das hätte die Smouszüchter glücklich gemacht, weit gefehlt. Das Gegenteil war der Fall. Warum, das lesen sich später.

Hund
Hollandse Smoushond – 1980er Jahre

Die Rattenjagd war seine Passion

Der Smous ist die holländische Variante des Schnauzers, dem geborenen Rattenfänger. Ratten sind so intelligent, dass alle Bemühungen des Menschen, den verhassten Nager auszurotten, vergebens sind. Sie bedrohen nicht nur die Nahrungsvorräte der Menschen, sondern sie übertragen tödliche Seuchen. Selbst der geneigte Tierfreund bringt wenig Sympathien auf. Wenn man bedenkt, dass Ratten heute noch für die Bewohner moderner Betonburgen oft ein Problem sind, kann man sich vorstellen, was eine Rattenplage in früheren Zeiten bedeutete, wo die herkömmliche Lagerung der Lebensmittel, die Abfallbeseitigung und die Bauweise wahre Rattenparadiese waren, in denen sie sich ungestört vermehren konnten.

zwei Hunde
Hollandse Smoushonden – 1980er Jahre

Raffinierte Gifte gab es nicht, und so war das effektivste Bekämpfungsmittel der Hund, insbesondere die Vorfahren der Schnauzer, Pinscher und Terrier. Neben ihrem leidenschaftlichen Jagdeifer auf Ratten schätzte man in den großen Stallanlagen zu einer Zeit, als Pferdefuhrwerke den Transport übernahmen, ihre Wachsamkeit in den Ställen und Lagerhäusern der Fuhrunternehmen. Niemand kümmert sich um die Vierbeiner, die eine warme Unterkunft und immer reichlich Nahrung fanden und deshalb weitgehend von der Fürsorge des Menschen unabhängig waren.

Hunde rennend
Hollandse Smoushond – 1980er Jahre

Es entwickelten sich überall dort, wo man solche Hunde brauchte, mittelgroße, kräftige, jedoch sehr wendige, vom Fell her pflegeleichte und robuste Hunde mit selbstständigem Charakter und gesundem Misstrauen gegen Fremde. Sie waren wachsam und scheuten auch nicht vor einem gelegentlichen Biss zurück in die Waden eines unfreundlich tretenden Menschenbeins zurück. Ortstreue war eine wichtige Eigenschaft, denn die Hunde sollten ihren Lebensraum von Ungeziefer freizuhalten. Streunende Hunde waren nutzlos. Als das Pferd vom Auto abgelöst wurde, drohte der Stallhund auszusterben. Gerade noch rechtzeitig entdeckten Hundefreunde die einheimischen Rattler für die Rassehundezucht.

Hund rennend
Hollandse Smoushond – 1980er Jahre

Jan Albraas verstand es, die Rasse zu vermarkten

Mitte des 19. Jahrhunderts brachte Jan Albraas, ein angesehener Hundhändler aus Amsterdam, einen neuen „Renner“ in sein Verkaufsprogramm, den holländischen Smoushund. Einen freundlichen, fröhlichen, lebhaften Begleithund voller Charme, liebenswürdig und treu, dabei ein zuverlässiger Rattenfänger. Woher er diese Hunde bezog, blieb sein Geheimnis und gab Stoff zu zahlreichen Spekulationen. Man wusste nur so viel, dass er sie in Rotterdam abholte. Man vermutet, dass es sich um eine Art Irish Terrier handelte, die mit den Schiffen herüberkamen, aber der Smous hat außer der rötlichen Fellfarbe kaum Ähnlichkeit mit dem roten Teufel aus Irland. Betrachtet man alte Darstellungen der Schnauzer, so fällt die Ähnlichkeit schon eher auf.

Die Ähnlichkeit mit dem frühen Schnauzertyp 

Zu Beginn der Schnauzerzucht war das Erscheinungsbild der Stallhunde noch recht kunterbunt, wenn auch ein Grundtyp vorhanden war. Um einen Rassetyp zu festigen, musste man sich entscheiden, wie ein typischer Schnauzer auszusehen hatte. Man beschloss, die rötlich gelben Farbtöne aus der Zucht auszuschließen. Da Schnauzer sicherlich als Rattenfänger auch auf den Rheinschiffen mitfuhren und so die Aufmerksamkeit Abraas erregten, wenn sie in Rotterdam an legten, klingt sehr wahrscheinlich. Warum sollten die deutschen Schnauzerzüchter ihre gelben Welpen ersäufen, wenn in Holland jemand dafür gutes Geld zahlte?

Andererseits fragt man sich, warum es in den Niederlanden bis dahin keine Schnauzer ähnlichen Rattenfänger auf den großen Bauernhöfen gegeben haben soll. Vielleicht wäre es Abraas schwer gefallen, die Hunde an städtische Herrenreiter zu verkaufen, wenn er preisgegeben hätte, dass man sie bei jedem Bauern billig bekommt. Auch wäre ein ausrangierter deutscher Schnauzer für die wohlhabenden Bürger Hollands sicherlich wenig attraktiv gewesen. So blieb Albraas ein kluger Philosoph und verkaufte seinen hübschen kleinen Hunde.

Der galt bereits als ausgestorben

Damals schon interessierten sich die niederländischen Kynologen für die Rasse, so dass sie in alten Hundebüchern verewigt wurde. Bylandt beschreibt den Smous 1905 wie folgt: „Ein ziemlich kompakt gebauter Hund, lebendig und intelligent, er liebt Pferde und ist ein wahrer Stallhund, folgt Wagen und Velocipeden, ist ein guter Ratten und Mäusefänger (kein Damen Hündchen) und ist von großer Anhänglichkeit an seinen Herrn.“

Welpen
Hollandse Smoushond-Welpen

Immer neue Hunderassen kamen und gingen, der Smous geriet allmählich in Vergessenheit. Schließlich galt er als ausgestorben.

Die Rückzüchtung des Smousjes als Lebensaufgabe

Im Januar 1972 erschien in einem Mitteilungsblatt eines friesischen Hundevereins einen Artikel über den Smous, indem Mia van Woerden erwähnte, dass er auf den Bauernhöfen im Raum Groningen noch gezüchtet würde und es Zeit wäre für eine Rückzüchtunsprogramm. Es wäre ein unwiederbringlicher Verlust, wenn diese Rasse ganz verschwände. Der Artikel beeindruckte Frau Barkman van der Weel. Die beiden Damen machten sich die Rückzüchtung des Smous zur Lebensaufgabe. Sie suchten auf den Bauernhöfen typische Exemplare und entwickelten mithilfe erfahrener Genetik ein Zuchtprogramm. 1973 wurde der erste Wurf geboren. Später kreuzt man mit gutem Erfolg Border Terrier ein.

Der Schmaus gewinnt in Holland stetig an Beliebtheit. Er ist robust, fröhlich, furchtlos, aber nicht rauflustig und gut zu mehreren zu halten. Er streunt und wildert nicht. Der gelehrige und anhängliche Hund ist mit liebevoller Konsequenz leicht zum gehorsamen Hausgenossen zu erziehen. Der verspielte, temperamentvolle, aber nie nervöser Hund ist ein ausdauernder Läufer und geduldiger Spielkamerad der Kinder, dabei wachsam, aber nicht aggressiv. Das raue Fell ist bei korrekter Beschaffenheit pflegeleicht. Die Schulterhöhe liegt bei 42 cm, das Gewicht bei 10 kg.

Hund
Hollandse Smoushond „Flip iz Severnoi Zemli“ NHSB VR 1506 WT 10.6.1986

Kein Smousje verlässt jede Niederlande

Die Zucht wird mit großer Sorgfalt betrieben. Welpen werden mit der Auflage an geeignete Menschen abgegeben, dass mit typischen Hunden gezüchtet wird. Der Club kümmert sich um die Vermittlung der Welpen, damit sie der Zucht wieder zugeführt werden können. Die Warteliste ist lang, so dass es nicht schwerfällt, geeignete Menschen zu finden. So erhält man sich eine breite Zuchtbasis und vermeidet kommerziell interessierte Züchter. Die Hunde werden in verschiedenen Entwicklungsphasen überprüft, um geeignete Paare zusammenstellen zu können. Es ist gelungen, aus einem Zuchtstamm an unbekannter Herkunft einen hübschen Rassetyp zu züchten und dabei die Hunde gesund, widerstandsfähig und charakterlich einwandfrei zu erhalten.

Hund Portrait
Hollandse Smoushond „Flip iz Severnoi Zemli“ NHSB VR 1506 WT 10.6.198

Einen Nachteil hat das System allerdings für Hundefreunde aus dem Ausland, die gerne einen Smous hätten. Welpen werden nur in den Niederlanden verkauft, damit der Club stets Zugriff hat. Hervorragende Hunde müssen dem Zuchtprogramm erhalten bleiben. Das ist beim Verkauf ins Ausland nicht gewährleistet. Wenn aber ein Smous im Ausland seine Rasse repräsentieren soll, darf es kein „Ausrutscher“ sein, der für die Zucht nicht gut genug ist. Noch ist die Zeit nicht reif – und vielleicht möchte man auch gar nicht, dass der Smous vermarktet wird und all die Mühen, die Frau van Woerden und Frau Barkman auf sich genommen haben, zu dem Ziel führen, dass der entzückende Vierbeiner den Weg aller populärer Rassehunde geht – nämlich in Mode zu kommen, nur noch auf Schönheit gezüchtet zu werden und dabei all seine guten Eigenschaften dem schnöden Mammon zu opfern. 

Geben Sie sich keine Mühe. Es führt kein Weg zum Smouss außerhalb der Niederlande – auch nicht bei über gute Beziehungen.

FCI-Standard

De Hollandse Smoushonden Club

Copyright Text und Fotos: Eva-Maria Krämer