Rückblicke – American Hairless Terrier

Von Eva-Maria Krämer – erschienen im Deutschen Hundemagazin 12 2008

Haarlos – keine Modeerscheinung

Haarlos ist beim Hund eine nicht unbekannte Mutation. In der Nordhälfte der Erde hatte sie natürlich keine Überlebenschance, sehr wohl aber in wärmeren Breiten. Wir kennen den Mexican Hairless, den Chinese Crested Hairless und in Peru den Perro sin pelo del Peru. Diese Rassen sind umstritten, denn deren Gen für Haarlosigkeit ist ein Lethalgen d.h. dass die Reinzucht darauf zum Absterben der Früchte führt. Man braucht deshalb immer auch langhaarige Hunde in der Zucht, die so genannten Powder Puffs, doch die haarlosen Exemplare dieser Rasse haben noch ein Manko. Die Entwicklung der Zähne ist gestört, so dass sie früh brechen wie Glas und je weniger behaart ein Hund ist, desto weniger Zähne bleiben ihm. Doch die Wege der Natur sind wunderbar. Es gibt einen haarlosen Hund mit einem echten Terriergebiss: den American Hairless Terrier.

Rat Terrier

Dieser kleine Terrier war in den USA als der klassische Farmhund, der Pinscher Amerikas sozusagen, sehr beliebt. Seine Vorfahren kamen mit den Siedlern aus England, unter ihnen alte ausgestorbene Terrier-Rassen und Vorfahren der Fox Terrier, Bull Terrier, Manchester Terrier usw. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten sie zu jeder Farm, wo sie Ratten und anderes kleines, unerwünschtes Getier kurzhielten. Geschätzt wurde ihre Wachsamkeit. Im Mittelwesten veranlasste eine Kaninchenplage einige Farmer Whippet und Windspiel einzukreuzen, um den kleinen Rattenfänger besser für diese Beute zu wappnen. In den südlichen Staaten suchte man mehr den Jagdhund und kreuzte Beagle ein, um die Nasenleistung und die Arbeit in der Meute zu verbessern. Diese Kreuzungen gaben der Rasse Schnelligkeit, gute Nase und nettes Wesen.

Berühmt wurden die kleinen bunten Hunde durch Präsident Theodor „Teddy“ Roosevelt, der „Skip“ bei einem Besuch des Grand Canyon bekam. Die Terrier des Präsidenten befreiten prompt die Anlagen am Weißen Haus von einer Rattenplage, und so bekamen sie den Namen Rat Terrier. Bis in die 1940er Jahre war der kleine Rattenbeißer von keiner Farm wegzudenken, aber mit dem Einsatz von Gift und mit der Automatisierung der Landwirtschaft verlor er an Bedeutung. In den 1950er Jahren gab es nur noch wenige Züchter. Ab den 1970er Jahren jedoch erlebt er einen Aufschwung als Begleithund.

Das Image des Rat Terrier jedoch blieb das eines Mischlings bis 1994 ein Standard verfasst wurde. 2006 wurde er in das Foundation Stock Register des American Kennel Club aufgenommen, die Vorstufe zur offiziellen Anerkennung.

Haarlose Hunde stoßen bei den meisten Menschen auf ablehnende Haltung. Ich habe das nie verstanden, denn nackte Haut finden wir auch sonst recht angenehm. Aber irgendwie hat sich bei uns eingeprägt, dass gesunde Hunde ein schönes Fell haben müssen.

Der haarlose Rat Terrier

1972 bekamen Edwin und Willie Scott den ersten haarlosen Rat Terrier namens Josephine. Sie waren so begeistert von ihr, dass sie versuchten weiterhin für sich haarlose Hunde zu züchten. Sie hatten zwar keine Ahnung von Hundezucht, waren aber wild entschlossen. Erst 1981 schenkte ihnen Josefine die ersehnten haarlosen Welpen, die den Zuchtstamm bildeten. Zunächst festigten sie durch Inzucht die Erbanlage für Haarlosigkeit, um dann die Rasse American Hairless Terrier mithilfe von Genetikern über die nächsten 25 Jahre hinweg aufzubauen. Heute noch werden behaarter Terrier eingekreuzt, und da diese sehr häufig und in vielen verschiedenen Blutlinien anzutreffen sind, gibt es kein Inzuchtproblem. Haarlosigkeit beim Rat Terrier wird anders als bei den bekannten haarlosen Rassen rezessiv vererbt. Die Hunde produzieren nach wie vor das Hautfett wie behaarte Hunde, das macht die Haut geschmeidig und widerstandsfähig, und sie haben ein echtes Terriergebiss. Der American Hairless Terrier ist weder vom AKC noch von der FCI anerkannt. Trotzdem fand er weltweit Freunde. Schätzungsweise gibt es 2500 Hunde mit Zuchten in Russland, Finnland, Belgien, Holland. In Deutschland leben zur Zeit 11 erwachsene Hunde unterschiedlicher Blutlinien, weitere Importe sind geplant.

American Hairless Terrier in Deutschland

Die erste Hündin kam als Familienhund nach Deutschland. Irina Schumak suchte für ihre Familie einen kleinen, umgänglichen, haarlosen Hund und stieß auf den American Hairless Terrier. Sie war so begeistert von der kleinen Hündin, dass sie beschloss, die Rasse hier zu züchten. Inzwischen besitzt sie drei erwachsene Exemplare, eine Hündin aus Sankt Petersburg, die beiden anderen kommen aus den USA. Leider kam eine der Stammzüchterinnen in den USA mit allen Hunden bei einem Tornado ums Leben.

Die Käufer ihrer Welpen suchen ganz gezielt nach haarlosen Hunden, weil sie unter Allergien leiden und einfach einen pflegeleichten Hund schätzen. Durch das Hautfett werden Hautschuppen gebunden, das kommt Allergikern sehr entgegen. Es wird aber jeder Welpe vorher ausgetestet, um sicher zu gehen, dass der neue allergische Besitzer mit seinem Schatz glücklich werden kann. Interessanterweise scheinen mehr Rüden als Hündinnen geboren zu werden. Beide Hündinnen dieses C-Wurfs gehen an Züchter. Die Welpen sind international gefragt, zwei gingen nach Estland, einer nach Tschechien und eine Hündin nach Holland. Die Welpen werden leicht behaart mit einer Art Flaum geboren, der bis zur sechsten Woche verschwindet. Die erwachsenen Hunde können, wenn man genau hinsieht, ganz kurze, zarte Haare haben, nicht unähnlich uns Menschen, auch vergleichbar mit einem Pfirsich. Die Tasthaare sind voll ausgebildet.

Auch haarlose Hunde brauchen Pflege

Die haarlosen Terrier sind recht robust. Nur bei extremem Regen und Kälte sollte man sie mit einem Mäntelchen schützen. In unseren normalen milden Wintern frieren sie beim Spaziergang, solange sie in Bewegung bleiben, nicht. Man braucht sie zu Hause nur abzutrocknen. Die Haut wird im Sommer dunkler von grau zu schwarz, sie bedarf wie die unsere des Sonnenschutzes. Besonders die hellen Hautpartien sollte man mit einer Sonnencreme ohne Parfüm mit Sonnenschutzfaktor 30 vor Sonnenbrand schützen. Gelegentlich kann man den haarlosen Terrier mit einem Babyshampoo baden.

Ein lebhafter Hausgenosse

American Hairless Terrier zeichnen sich dank ihrer verschiedenen Vorfahren durch sehr sozialverträgliches Verhalten gegenüber Artgenossen aus. Sollten sie allerdings angegriffen werden wissen sie sich zu verteidigen. Sie sind wachsam, aber nicht bellfreudig. Uns Fremden gegenüber zeigten sie sich freundlich interessiert. Die Hunde sind sehr lebhaft, quirlig, stets aufmerksam, neugierig und intelligent. Doch nicht nervös oder hektisch. Sie nehmen regen Anteil am Familienleben und wollen immer dabei sein. Sie fordern durchaus Aufmerksamkeit und brauchen viel Bewegung und Beschäftigung, lieben Spaziergänge, Spiel und toben ein Leben lang. Sie eignen sich nicht für bequeme Menschen und Stubenhocker. Bekommen sie genug Auslauf, sind sie ideale Wohnungshunde, die auch gut in der Stadt leben können. Sie sind gut zu mehreren zu halten, genießen, aber auch die Privilegien eines Einzelhundes.

Auch mit haarlosen Katzen vertragen sie sich gut

Die hiesigen Hunde haben keine Lust zu jagen, nicht einmal nach Mäusen. Sie buddeln auch nicht. Da die haarlose Variante des Rat Terrier nie zur Jagd eingesetzt wurde, scheint Jagdleidenschaft in den Hintergrund getreten zu sein, was nicht ausschließt, dass es unter ihnen eifrig Mäusefänger gibt.

Die Erziehung der gelehrigen, leicht motivierberen Hunde ist auch für Anfänger keine Kunst. Die Hunde der Schumaks sind selten an der Leine und folgen gut. Erstaunlich sind ihre Beweglichkeit und Sprungkraft, deshalb eignen sie sich sehr gut für Agility. In den USA veranstaltet man Hunderennen mit ihnen. Bisher sind keine Erbkrankheiten bekannt. In den USA wird ab dem Alter von 3-4 Jahren auf HD geröntgt. Beim American Hairless Terrier sind alle Farben erlaubt außer Merle und Einfarbigkeit. Die Schulterhöhe liegt zwischen 25 und 45 cm.

Ein ganz spezieller Hund

Die Reaktion der Menschen auf die Hunde ist entweder Begeisterung oder Abneigung. Letztere allerdings nur bei Menschen, die sie nie erlebt haben. Bei Begegnungen sind die Passanten zunächst erstaunt und nachdem sie die Hunde gestreichelt haben, von der warmen, weichen Haut angetan.

2009 wurde der American Hairless Terrier Cub of America gegründet und 2016 erfolgte die volle AKC-Anerkennung. Der Standard geht von einer Schulterhöhe zwischen 30 und 40 cm aus. Der Standard erlaubt eine kurz und glatt behaarte Variante. Die Rasse ist noch nicht FCI anerkannt, wird aber bereits von vielen Nationalverbänden innerhalb der FCI anerkannt. Diese Form der Haarlosigkeit, die von einem anderen Gen bestimmt wird, führt nicht zum Absterben der Welpen im Mutterleib, noch ist die Entwicklung des Gebisses beeinträchtigt. 

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