In der Ausgabe 5 der Geflügelbörse von 1990 schrieb ich einen Bericht über die ersten Kelpies, die ich Ende der 1980er Jahre in Deutschland antraf. Für den KOSMOS Hundeführer war ich ständig unterwegs auf der Suche nach seltenen Rassen. Fragen Sie mich nicht, wie ich das ohne Internet und Emails damals geschafft habe. Inzwischen ist der Kelpie kein Unbekannter mehr und gewinnt in aller Welt an Bedeutung, wo dieser harte Arbeitshund gebraucht wird. Selbst im schottischen Hochland traf ich ihn beim Gathering, dem Einsammeln der Schafe in den Bergen, an.
It’s no pet, it’s no toy, it’s a tool!
Jens Ambjerg-Pedersen
Dusty und Co.
Freitags um 17:50 Uhr läuft in Bayern 3 eine neue Tier-Spielfilm Serie: Dusty. Dusty lebt als Schäferhund auf einer großen Schaffarm in Australien und wird fälschlicherweise verdächtigt, Schafe zu töten, obwohl er der beste Hütehund weit und breit ist. Dabei bestehen Dusty und seine Freunde viele aufregende Abenteuer. Allerdings ahnen nur die wenigsten Zuschauer, dass Dusty nicht irgendein Schäferhund-Mischling ist, sondern zu einer der begabtesten Hütehunderassen gehört, die es gibt. Er selbst stammt aus einer Spezialzucht für Arbeitshunde und verkörpert den leistungsfähigen Hütehund schlechthin.

Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich Dusty 1988 in Herborn beim 4. Europäischen Hütewettbewerb sah. Er war es natürlich nicht leibhaftig, aber ein echter Kelpie aus Australien und ihm zum Verwechseln ähnlich.
Jens Ambjerg-Pedersen war mit Lego aus Australien angereist, um die Rasse in Europa vorzustellen und insbesondere in Schafzüchterkreisen bekannt zu machen. Er ist von dem großartigen Können und der angeborenen Begabung mit Vieh und Schafen umzugehen, überzeugt und glaubt, dass diese Hunde weltweit für Schafhalter von unschätzbarem Wert sind.
Lego enttäuschte denn auch nicht. Obwohl weder sein Herr noch er vertraut waren mit den europäischen Regeln eines Hütewettbewerbs und nicht trainieren konnten, zudem Schafe, Bodenverhältnisse und Klima mit Australien nicht zu vergleichen sind, gelangte Lego auf Anhieb auf Platz 2. Ein Missverständnis zwischen Jens und den Regeln kostete den Sieg.

In beeindruckender Manier trieb der Hund auf Kommando die Schafe, an deren störrischen Verhalten nachher die berühmten Border Collies aus ganz Europa scheiterten und fast keiner die gestellten Aufgaben in der erlaubten Zeit meisterte. Lego erwies sich als echter Arbeitshund, der jederzeit und unter jeder Bedingung einsatzbereit sein muss. Lego bei der Arbeit zu sehen, ihn beim Umgang mit den Schafen zu beobachten, wie er auf ein Zeichen seines Herrn über den Koppelzaun sprang und über die Rücken der Schafe hinweg hinter die dicht gedrängte Herde lief, um sie an die gegenüberliegende Zaunseite zu treiben, war faszinierend. Hessische Schäfer beobachteten den Mann mit dem großen Hut etwas ungläubig, als er seinen Hund in den Pferch zu den Schafen schickte, aber als sie sahen, mit welchem Eifer und Geschick der kleinen Hund die Schafe beherrschte, schlug ihr anfängliches Misstrauen in atemlose Bewunderung um.
Australian Kelpie
Was sind das nun für Hunde, die den Eindruck eines kleinen, nicht ganz echten Deutschen Schäferhunds vermitteln? Woher kommt der seltsame Name Kelpie?

Als die Schaf- und Rinderzüchter den neuen Kontinent besiedelten, brachten sie ihre Hunde mit. Gewöhnt an das feuchte, milde Klima Großbritanniens taten sich die langhaarigen Hütehunde, Vorfahren der Border Collies, im heißen trockenen Klima und harten Gelände Australiens schwer. 1870 kaufte der Schaffarmer Allan aus New South Wales ein Pärchen kurzhaarige, so genannte Fox Collies in Schottland. Ein Sohn der beiden, der Rüde Cäsar, wurde ein vorzüglicher Hütehund. Er vertrug das Klima bestens. Zur gleichen Zeit lebte eine kurzhaarhaarige, schwarz-markenfarbige Hündin namens Kelpie in der Region. Sie arbeitete auf die gleiche Weise wie die Hunde Allans und bekam von Caesar Welpen. Eine Hündin aus dem Wurf wurde wie ihre Mutter Kelpie genannt, ein in Schottland üblicher Hundemädchenname. Kelpie II war es, die eigentlich die Rasse ins Leben rief: sie gewann 1872 den ersten Hütewettbewerb, der je in New South Wales abgehalten wurde und erlangte Berühmtheit. Jeder Schäfer wollte einen solch fabelhaften Kelpie besitzen.
Heute noch diskutieren Kenner der Rasse darüber, ob der australische Wildhund Dingo eingekreuzt wurde oder nicht. Aufzeichnungen darüber gibt es nicht. Jedoch züchteten die Farmervon Anfang an mit großer Sorgfalt ihre Kelpies, denn ein guter Arbeitshund ist für sie unbezahlbar. Ein ausdauernder, gesunder, harter Hund, der sich leicht erziehen lässt und unermüdlich sowie zuverlässig arbeitet, ist eine Voraussetzung für die Bewirtschaftung der riesigen Weideflächen und für die Schafzucht. Nur die besten und gesündesten Hunde haben die Chance zu überleben und weiter für Nachkommen zu sorgen
In Australien haben sich inzwischen die Lager gespalten: es gibt Schauzüchter mit plumpen Hunden, die weniger zur Arbeit bei der Herde geeignet sind, und solche, die dem leistungsstarken Hüter den Vorrang geben. Jens Ambjerg-Pedersens Kelpies gehören zweifellos zur Familie der Arbeitshunde, ebenso wie Bluey, den seine Besitzerin Rosy Hey, eine Quarter Horse Züchterin im Bergischen Land, aus Amerika mitbrachte. Dort werden Kelpies bevorzugt von Rinderzüchtern als Arbeitshunde eingesetzt.

Bluey ist meines Wissens der einzige Kelpie in Deutschland. Rosy Hey ist begeistert: er ist ideal für ein Leben auf dem Bauernhof, wo er Beschäftigung findet und laufen kann. Er neigt weder zum Streunen noch zum Wildern und verträgt sich mit allem Getier, er ist wachsam, aufmerksam und schlägt an, ist aber ausgesprochen menschenfreundlich. „Bluey ist unglaublich clever und liebt unsere Pferde. Er hilft sie von der Koppel hereinzuholen und geht so lange nicht ins Haus, so lange die Pferde auf der Weide sind. All unsere Bekannten sind von Bluey begeistert und wollen mich zum Züchten überreden. Ich finde den Hund aber so toll, dass es mir schwer fiele für die Welpen Menschen zu finden, die diesen wundervollen Hund wirklich verdienen.“ Es gibt einige Kelpies in Dänemark, und in Skandinavien leisten diese Hunde Erstaunliches beim Hüten riesiger Rentierherden.

Der Kelpie hat sich auf Anhieb im unwirtlichen Outback Australiens bewährt, weil er einer harten, anpassungsfähigen Rasse aus dem hohen Nordwesten Schottlands entstammt. Ebenso wie Lego ohne zu zögern die Arbeit beim Hütewettbewerb aufnahm, erwies sich Bluey als unkomplizierter Haus- und Familienhund. Jens Ambjerg-Pedersen empfiehlt seine Hunde allen Hundefreunden, die mit ihrem Hund etwas anfangen wollen, die einen pflegeleichten, unkomplizierten und robusten Hausgenossen suchen, der wenig Probleme bei der Erziehung schafft. Schnell und gewandt sind sie hervorragend geeignet für Agility und Breitensport, aber auch als Blindenführ- Rettungs- oder Rauschgiftspürhund. Der Hund besitzt gute Nerven und passt sich dem Familienleben bestens an, wobei in einem Haushalt mit kleinen Kindern eine Hündin eher angebracht ist als ein starker Rüde.
Alle Kelpies sind Individualisten mit eigenem Charakter und Persönlichkeit. Sie lassen sich nicht nach Einheitsrichtlinien ausbilden, sondern nur in tiefem Einverständnis mit ihrem Herrn, nach dessen Bedarf so Jens Ambjerg-Pedersen.
Die australischen Züchter fördern zwei verschiedene Arbeitsweisen beim Kelpie: den Hund „mit Auge“ und den „Beller“. Der Hund „mit Auge“ ist ein ruhiger, weit ausholend laufender Hund, der auch als Koppelhund bezeichnet wird. Diese Hunde neigen dazu Abstand zu den Schafen zu halten, sie bellen selten und scheinen die Schafe mit dem Blick regelrecht zu hypnotisieren. Tiefe Konzentration, Aufmerksamkeit, gute Kontrolle über die Schafe, wenn sie im Pferch bewegt werden müssen, zeichnen die Hunde aus. Sie arbeiten nicht gerne dicht am Schaf und zeigen relativ spät ihre Fähigkeiten.

Der „Beller“ zeigt seine Veranlagung schon als Welpe. Er ist aggressiver, arbeitet dicht am Schaf in tanzender Manier und bellt. Dieser mutige Hund läuft unter den Schafen durch und über sie hinweg, er treibt sie energisch und gegen ihren Willen innerhalb des Pferchs. Aus diesem Grunde werden die Hunde meistens von Schafspediteuren eingesetzt und von Farmern bevorzugt für die Arbeit auf dem Hof und am Pferd. Die Arbeitsweise ist dem Kelpie angeboren.
In den letzten Jahren sieht man Kelpies auch im Hundesport und bei Hobbyschafhaltern. Es werden zwei sich deutlich unterscheidende Typen gezüchtet, der „Show“ Kelpie nach Standard und der Working Kelpie, der deutlich athletischer und wendiger ist. Insbesondere die Besitzer der Working Kelpies legen wert darauf, nicht mit den Showhunden in einen Topf geworfen zu werden. Ob tatsächlich Dingoblut in den Adern von Kelpies fließt ist trotz Gentests nicht eindeutig geklärt.
Copyright Text und Fotos Eva-Maria Krämer