Als ich 1996 Australien bereiste, um die australischen Rassen vor Ort kennenzulernen, suchte ich eigentlich fieberhaft nach Australian Cattle Dogs, um sie bei der Arbeit mit den Rindern zu erleben und zu fotografieren. Wir telefonierten endlos in West Australien herum, aber niemand konnte uns helfen. Cattle Dog Züchter gab es genug, aber keine Farm, bei der die Hunde arbeiteten. Bei einem Gespräch mit einer Cattle Dog Züchterin erwähnte sie den Begriff „German Coolie“. Ich stutzte. Was konnte sie damit wohl meinen? Voller Stolz präsentierte sie mir zwei Hunde, deren Abstammung in meinen Augen eher undefinierbar war. Aber, so wusste sie zu berichten, diese Hunde verkaufe sie ausschließlich an Farmer, bei denen die Rasse sehr beliebt sei. Sie könnten nämlich alles – Schafe, Ziegen, Schweine – hüten, Rinder treiben, Kängurus jagen, den Hof bewachen und vieles mehr. Cattle Dogs verkaufte sie schon lange nicht mehr an Farmer. Rinder treibt man heute per Hubschrauber und Motorrad. Und nun erfuhr ich mehr über den australischen/deutschen Coolie.

Phänotypisch dem merle Hütehund aus der Region Braunschweig ähnlich
Menschen aus allen Teilen Europas versuchten in Australien ihr Glück. Darunter Schaf-und Viehzüchter. Da Australien keine Hunderassen vorweisen konnte, brachten sie ihre Hunde, ihr wertvollstes Handwerkszeug, mit. So kamen Collies aus Irland und Schottland ebenso wie Schäferhunde aus Deutschland. Damals gab es den Deutschen Schäferhund noch gar nicht in seiner heutigen Form, sondern die Hunde der deutschen Schäfer waren so vielfältig wie die Regionen, aus denen sie stammte. Von Stephanitz, Begründer der modernen Zucht Deutscher Schäferhunde, erwähnt in seinem berühmten Werk „Der Deutsche Schäferhund in Wort und Bild“, in dem er alle Hütehundschläge beschreibt, dass australische Schafzüchter Hütehunde aus Deutschland importieren wollten. Tatsächlich finden wir in diesem Buch einen Hund abgebildet, der große Ähnlichkeit mit dem German Coolie oder Collie hat, nämlich den merle Hütehund aus der Region Braunschweig.

Tatsache ist, dass 1820 sächsische Merinoschafe, Abkömmlinge der spanischen Rasse, nach Australien exportiert wurden. Mit ihnen reisten natürlich die Hunde. Ob es sich tatsächlich den beschriebenen Typ handelt, wird man nie erfahren. Jedoch lesen wir in dem britischen Magazin THE FIELD (1901) von Hunden, die ein Deutscher aus seiner Heimat hatte kommen lassen. Diese Linie sei berühmt für ihre hervorragenden Leistungen und sehr beliebt im Outback.

Arbeitsfreudig und lebhaft, aber keine Haus-und Familienhunde
Der German Coolie ist leichter als der Deutsche Schäferhund, hat ein kurzes Fell und Stehohren. Typisch ist für ihn die Merle-Zeichnung.
Die beiden Hunde, die ich antraf, waren außerordentlich lebhaft und arbeitsfreudig. Ausnahmelos alle Welpen seien hervorragende Arbeitshunde, die kaum einer Ausbildung bedürften und allen Anforderungen auf einer Farm gerecht wurden. Keinesfalls eigneten sich die German Coolies als Haus-und Familienhunde.
Ausschließlich auf Leistung gezüchtet
Schönheitsmerkmale spielen keine Rolle bei der Zucht, doch wurden sie sehr sorgfältig rein gezüchtet, um die erwünschten Arbeitseigenschaften zu erhalten und zu fördern. Auch wenn die Hunde recht unterschiedlich aussehen.
Der German Coolie ist nicht vom ANKC und damit auch nicht von der FCI anerkannt. In Australien widmet sich der Koolie Club of Australia dem Arbeitshund. Man ist nicht an einer Anerkennung als Rasse und damit Eintritt in die Show-Welt, was noch keiner Rasse gut getan hat, interessiert.
Inzwischen werden die Coolies in Deutschland als „ideale Familienhunde“ angeboten. Was sie wirklich mit den ursprünglichen Arbeitshunden Australiens zu tun haben, muss man sehen.
Copyright Eva-Maria Krämer