Ein ganz Großer der Colliezucht ist im hohen Alter von 89 Jahren von uns gegangen. Wieder so ein Fall, die ganzen letzten Jahre habe ich mich gefragt, was wohl aus ihm geworden ist, ob es ihm gut geht… doch dann kam immer wieder etwas dazwischen und ich habe ihm nicht geschrieben…
Herr Christen wird allen, die ihn kannten, unvergesslich bleiben. Er war eine beeindruckende Persönlichkeit, ein echter Offizier, der führen konnte und dem Schweizer Collie Club von 1976 bis 1994 als Präsident vorstand. Ich erinnere mich gerne an zwei großartige Veranstaltungen des Schweizer Collie-Clubs 1987 in Zofingen und 1992 in Zuchwil. Enorme Meldezahlen aller britischen Hütehunde mit hochkarätigen britischen Spezialrichtern zogen Aussteller aus vielen Ländern an jeweils zwei Tagen an. Die Festabende waren ein ganz besonderes Ereignis ganz in schweizer Tradition. Die Ausstellungskataloge mit vielen Züchteranzeigen dürften heute Sammlerstücke sein.
Wann genau seine Liebe zu den Collies begann konnte ich nicht feststellen. Er pflegte enge Beziehungen ins Mutterland der Rasse, besuchte Crufts und Colliecongresse. Es war stets eine Freude ihn und seine charmante Gattin begrüßen zu dürfen. 1972 fiel der A-Wurf von Queensland mit 8 Welpen nach Duntiblae Druid aus der Ara du Planchateu. Um diese Zeit dürfte er die erwachsene Ch. Ravissant of Rokeby erworben haben, Mutter berühmter Rokebys wie Rainmaker (Niederlande) und Rennet (Schweden). Sie schenkte ihm drei Würfe. Er importierte den bekannten Int. Ch. Royal Mint of Rokeby. Mit ihm und einer Ravissant-Tochter zog er den schönen, erfolgreichen King von Queensland. Im Jahr 2000 wurde der letzte Wurf von Queensland eingetragen.
Mit seiner Geradlinigkeit und Konsequenz setzte er durchaus unbequeme Dinge durch, wie z.B. 1990 einen Wesenstest (die Schweiz war auch auf diesem Gebiet ihrer Zeit weit voraus), verpflichtende Untersuchungen auf HD und CEA. Sein Motto war ganz klar: Gesundheit – Wesen – Schönheit.
Wir haben ihn als Richter sehr geschätzt. Wurde er angekündigt, fuhr man weit, nur um seiner Beurteilung willen, und wenn man gewann oder verlor, so konnte man sicher sein, dass es eine standardkonforme, korrekte Entscheidung war, die man dankbar annahm und nur dazu lernen konnte. Besonders, da er seine Entscheidungen im Ring für alle hörbar erläuterte. Auch etwas, das es heute leider nicht mehr gibt.
An die 30 Jahre beeinflusste er die Geschicke des Collies in der Schweiz maßgeblich als Richter und Körmeister. Er richtete zuletzt 2012 und körte zum letzten Mal 2013.
Im Nachruf des Schweizer Collie-Club beeindruckte mich ein Satz: … dass sehr hübsche Collies die Ankörung von Herrn Christen nicht bestanden haben, weil sie z.B. eine „zu fröhlich getragene Rute“ hatten… Ja, das war Herr Christen… ich hoffe, dass er es geschafft hat, die Schweizer Colliezucht vor den zu kurzen, hoch angesetzten Ringelruten zu bewahren, die hierzulande leider selbst bei den erfolgreichsten Spitzenhunden als unvermeidlich akzeptiert zu werden scheinen.
Wir werden Hans-Rudolf Christen in Ehren gedenken und drücken seiner Familie unser tiefstes Mitgefühl aus.