Kreuzungszucht

Dass wir nach über 150 Jahren strenger Auslesezucht nach Standard nun die Früchte ernten, ist klar. Viele Rassen sind durch wenige Ausgangstiere mit anfänglicher Inzucht, später enger Linienzucht,  genetisch verarmt. Würfe sind heute sehr viel einheitlicher in der Qualität als früher, was das ursprüngliche Zuchtziel war, aber ebenso bringt der schmale Genpool negative Erbanlagen ans Licht. Damit ist diese Art der Zucht überholt, denn bei manchen Rassen ist innerhalb der Population – auch weltweit – keine Blutauffrischung möglich, bzw. sind bestimmte Merkmale so homozygot, dass man gar keine Auslese mehr entgegen der Trends treffen kann. Das kann anfangen bei „kosmetischen“ Merkmalen, die den Hund nicht behindern bis hin zu Deformationen und Krankheiten gehen, die tierschutzrelevant sind. 

Obwohl viele Rassen ursprünglich auf Kreuzungszuchten beruhen, war sie seit Schließung der Zuchtbücher in den letzten 150 Jahren höchst verpönt. Ungewollte Bastarde galten stets als minderwertig, aber gezielte Einkreuzung, um erwünschte Eigenschaften zu erhalten, war bis dahin üblich. Ich habe stets bereut, dass FCI und VDH experimentierfreudige Züchter nicht unterstützten und sie damit Tor und Tür öffnen für die heute so beliebte „Mischlingszucht“. Dass Leute züchten ist nicht zu verhindern, dass gute Züchter verlorengehen, ist leider so. Aber dass vor allem die Profit orientierten Vermehrer ihren Nutzen daraus ziehen, ist bedauerlich. Denn eine Kreuzungszucht mit dem Ziel einer Verbesserung bedarf großer Sorgfalt und Fachkenntnis. Es genüg nicht, irgendwelche Rassen zusammenzumischen, das kann jeder Hund für sich alleine auf der Straße. Die oftmals stark überhöhten Preise werden an „Züchter“ gezahlt, die an keinerlei Auflagen gebunden sind und so enorm kostengünstig „etwas Besonderes“ für den uninformierten Markt produzieren können. 

Offenbar scheint nun eine Wende einzutreten, denn zum Erhalt von Rassen, die im eigenen Genpool negativen Ausprägungen nicht mehr entkommen können, wird nun über Auskreuzungen nachgedacht. Ich freue mich sehr darüber und hoffe, dass über ein Experimentalzuchtbuch Kreuzungszucht mit wissenschaftlicher Unterstützung offiziell betrieben werden kann und damit Hunde schaffen, die später dem Genpool der Rasse zugeführt werden können. Lesen Sie dazu den hervorragenden Artikel von Prof. Friedrich, dem Präsidenten des Verbandes für das Deutsche Hundewesen VDH: https://www.vdh.de/news/artikel/umstrittene-rassemerkmale-selektionsprogramme-kreuzungszucht/

Prof. Friedrich schreibt dazu, klappt das Experiment, dient es der Rassezucht. Oder aber es bildet sich eine neue Rasse heraus, die im Typ der Ausgangsrasse ähnelt, aber ohne deren negative Übertreibungen national anerkannt werden kann mit eventuell späterer weltweiter  Anerkennung durch die FCI. Ein hervorragendes, sehr erfolgreiches Beispiel ist der Continental Bulldog. Das ist Hundezucht! 

Französische Bulldogge mit kurzem Fang und Korkenzieherrute
Olde Englishe Bulldogge

Hier ein Beispiel mit „Kiwi“ – einer Kreuzung zwischen Französischer Bulldogge und Olde Englishe Bulldogge. Ich finde sie zauberhaft, sie hat Nase und eine wunderschöne Rute.