Leine versus Schleppleine

Heute hatte ich wieder ein Erlebnis. Im Wald begegnete uns eine Dame mit einem 2 jährigen Whippetrüden, eine eher seltene Begegnung. Sie hatte ihn an der Schlepp, und er tobte wie ein Berserker. Die Dame hatte ihn aus dem Tierschutz erst seit 8 Wochen. Er tobte und tobte und beruhigte sich nicht. Normal bleib ich auf Abstand stehen, wir quatschen, die kleinen Aggros merken, dass nichts passiert und beruhigen sich. Er pushte sich immer weiter hoch, und wir gingen unserer Wege. 

Der unsicher aggressive Hund

Es ist nun der 3. Hund, zwei davon im engsten Bekanntenkreis, die ich so erlebe. Dass es sich um unsicher-aggressiv scheinende Hunde handelt sehe ich an meinen. Sie ignorieren solche Krakeeler vollkommen. Kritisch wird es nur, wenn Kedira ein Kämmchen stellt (Kamm kann man das aufgestellte Nackenfell ja wohl kaum nennen). Dann gehen wir ohne Worte weiter, und ich führe meine Hunde souverän aus der Gefahrenzone. Das erwarten sie von mir. Ich kontrolliere alle Hundebegegnungen sehr genau, kann mich 100% auf meine Hunde verlassen. Sie kommen sofort ohne Worte zu mir und stellen sich an, ich brauche mich nur nach dem Hals zu bücken und anzuleinen. Es klappt nur manchmal nicht, wenn sie von weitem einen alten Freund oder ein leckeres Mädel lange vor mir erkennen.  

Toi, toi, toi – in 12 Jahren hatte ich keine brenzlige Situation und hoffe, dass uns dieses Glück weiterhin hold ist. 

Aber zurück zu den armen Geschöpfen an der Schleppleine. Vorweg, ich hasse Schleppleinen, sie sind gefährlich, man kann über sie stolpern, sie sind dreckig und lästig. Meine Hunde gehen an der Leine oder frei. Selbst die Flexileine, die ich ebenso hasse, finde ich für meine Zwecke praktischer, wenn ich bez. Wildbegegnung auf der sicheren Seite bleiben möchte. Das ist aber nicht der Punkt. 

Unsichere Hunde an der Schlepp

Hunde gehören an Halsband und Leine. Sie gibt dem Hund Sicherheit, denn sie hat eine für ihn kalkulierbare Länge, und er bewegt sich an der Leine im unmittelbaren Sicherheitsbereich des Menschen, der ihn hoffentlich souverän aus allen für ihn brenzligen Situationen herausführt, wie z.B. bei gefürchteten Hundebegegnungen weite Bögen schlägt etc. 

Hat man das Gefühl, man könnte seinen Hund nun frei laufen lassen, wird er abgeleint. Mit Kommando Sitz und dem Hinweis „lauf“ oder „ex“ –  egal welches Ritual wir wählen, aber es ist wichtig eines zu haben. Am Geschirr befestigt ist die Schleppleine. Deren Ende kennt der Hund zwar auch genau, aber sie ist mit 3-5 m oder mehr bis dahin ein Unsicherheitsfaktor. 

Abrufen statt Leine einholen

Die erste negative Botschaft ist, wenn ein Hund in Sichtweite kommt, hastig die Schleppleine einzuholen, um den Hund in unserer sicheren Nähe zu haben. Ha – da kommt jetzt was Gefährliches! Und das Geschrei fängt schon an. Niemand rollte die Leine immer exakt in der gleichen Länge ein. Alleine das Heranholen ist schon die schlechte Botschaft. Was macht man also, wenn man einen herankommenden Hund etc. sieht? Man ruft den Hund heran und leint ihn an seinem Halsband an, die Schlepp kann man jetzt fallenlassen. Er wird gelobt, man lenkt ab, geht zur Seite oder was immer. Das alles ist am Halsband mit einer nicht zu langen Leine für den Hund sicher. Ist die echte oder vermeintliche Gefahr vorüber, nimmt man die Schleppleine auf und leint den Hund ebenso mit Ritual ab. 

Die Leine – ein Sicherheitsgurt

Versetzen wir uns in den unsicheren Hund: 

Stellen Sie sich vor, Sie können sich nicht darauf verlassen, dass Ihr Sicherheitsgurt im Auto nicht einrastet, ehe Sie mit dem Kopf auf dem Lenkrad aufschlagen… wie fühlen Sie sich?? Ab in die nächste Werkstatt und neuen Gurt einbauen. Das gilt natürlich für alle Sicherheitsgurte, für Kindersitze etc. Die Leine am Halsband in unmittelbarem Einwirkungsbereich des Hundeführers vermittelt dem Hund Sicherheit. Lernt er, dass Begegnungen keine Aufregung wert sind, entspannt sich die Lage. Aber einen Hund, der noch keine Bindung hat der Unsicherheit der Schleppleine auszusetzen, die ja auch die Möglichkeit der Flucht verhindert, ist nicht nett und kaum der Bindung förderlich. 

Ich weiß nicht, warum das Halsband so in Verruf geraten ist. Als ob die Menschheit erst in den letzten zwei Jahrzehnten Hunde mit sich führt… ich habe jedenfalls die Erfahrung, dass meine Hunde im Geschirr weit weniger gut funktionieren als am Halsband. Es sei denn man schwelgt in Düften und zerrt von einem Mädchenpippi zum anderen, z.B. auf den Showgeländen…  wo meine Hunde dann vor aller Augen meine schönen Ratschläge Lügen strafen… aber das ist mein Problem und bereitet nur meinem Ego Stress… 

Copyright: Eva-Maria Krämer

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