Back to the Roots – Welsh Sheepdogs – Yorkshire Tofty

Welsh Sheepdog Graigwen Pedro 2002
Welsh Sheepdog Graigwen Pedro 2002

1997 sah ich ein Foto in OUR DOGS, das mich elektrisierte. Es begleitete einen kurzen Hinweis, dass in Wales gerade die Welsh Sheepdog Society gegründet worden war. Leider gelang es mir nicht, eine Kontaktadresse zu bekommen. Doch was daraus wurde, lesen Sie anschließend. 2002 war ich das erste Mal in Wales, von da an mehrere Male bis zum letzten Mal 2009. Ich konnte viele Farmen und Hunde sehen. Von Anfang an war mir klar, dass es sich hier um eine der Ausgangsrassen des Collie handelte und es wäre wunderbar, eine Rückkreuzung vorzunehmen. Leider interessierte das niemanden. Ich erzählte vielen Züchtern davon, doch offenbar hörte nur eine Züchterin zu: Angela Harvey. 20 Jahre später griff sie den Faden auf und begann ein Rückkreuzungsprogramm mit ihren berühmten Wicani-Collies. Die Ergebnisse sind schon nach wenigen Generationen verblüffend positiv, nicht nur, dass der enge Genpool des Collie erweitert wurde, auch das Verhalten der Hunde hat gewonnen, und das schönste: Man kann sie schon in der 2. Generation nicht mehr vom reinrassigen Collie unterscheiden. Abgesehen von korrektem Gebäude mit entsprechenden Bewegungsabläufen  und robustem, pflegeleichten Fell, was sie deutlich von vielen modernen Collies abhebt. 

FCI und VDH ebenso wie der Kennel Club befürworten und fördern Auskreuzungsprogramme, weil viele Rassen ihre genetische Vielfalt eingebüßt haben. Allerdings müssen die etablierten Colliezüchter mitziehen, und da liegt sicherlich ein Problem. Ich bin guter Hoffnung, dass die Vernunft siegt und auch die Colliezüchter mit der Zeit gehen und der genetischen Vielfalt um der Gesundheit ihrer Hunde willen ihr Augenmerk widmen.

An dieser Stelle wiederhole ich meine Artikel zu den Besuchen in Wales, die ich in der Collie Revue veröffentlicht habe. Bitte berücksichtigen Sie, dass diese Berichte 20 Jahre alt sind!

OUR DOGS 7.3.1997 - John Davies mit den Welsh Sheepdogs Cap, Bell, Topsy und Bob
OUR DOGS 7.3.1997 – John Davies mit den Welsh Sheepdogs Cap, Bell, Topsy und Bob

Rückblicke – Collie Revue Dezember 2002

Reisebericht von Eva-Maria Krämer

Ich hatte 2001 in Schweden eine Welsh Sheepdog Hündin kennengelernt und von ihrer Besitzerin, Bodil Carlsson, eine Kontaktadresse erhalten. Bodil hatte sie importiert, um sie mit ihren Collies zu kreuzen, weil sie die Notwendigkeit einer Auskreuzung sah. Leider kam das Projekt nicht zustande, weil die Hündin an einem Schlangenbiss starb.

Modlen - Welsh sheepdog - Schweden 2001
Modlen – Welsh Sheepdog Schweden 2001

Also machten sich Regine Clermont, Mitbegründerin der Collie Revue und ich im Jahr 2002 auf den Weg nach Wales. 

Cledwyn Fychan, Sekretär der 1997 gegründeten Welsh Sheepdog Society hatte uns ein Zimmer in Aberystwyth direkt am Quay mit Blick auf die irische See besorgt und holte uns gleich morgens ab, um uns zwei Tage lang in den Bergen von Wales zu verschiedenen Farmen zu fahren, um mehrere Typen bei der Arbeit erleben zu können. 

Der Welsh Sheepdog wurde in der Literatur schon von langer Zeit erwähnt. Allerdings fand er nicht den Weg in die Rassehundezucht und blieb der bescheidene Helfer der Farmer. In ganz England gab es Hütehunde – working dogs – genannt. Als der Border Collie anerkannt und als Trial (Hütewettbewerb) Champion ein Begriff und zur willkommenen Einnahmequelle wurde, warfen natürlich auch walisische Farmer begehrliche Blicke auf den sagenhaften Hund. Die ersten Importe brachten auch sehr erfreuliche Ergebnisse, aber je mehr Borderblut eingebracht wurde, desto deutlicher traten die Eigenschaften in Erscheinung, die die Farmer überhaupt nicht brauchen konnten. 

Welsh Sheepdog Graigwen Pedro 2002
Welsh Sheepdog Graigwen Pedro 2002

Welsh Sheepdogs sind anders

Diese Übereifrigkeit, die zu unkonzentriertem Arbeiten führt, das Fixieren der Schafe mit den Augen, alles schön anzusehen, aber für die tägliche Arbeit – und das sagten mit schon vor 15 Jahren schottische Schäfer – absolut unbrauchbar. So wie man in Schottland nach einer Alternative in Rückerinnerung an den alten „englischen Schäferhund“ suchte, erging es auch den Walisern. Anders als in Schottland, wo die Schafzuchttradition noch nicht so alt ist, war hier aber noch der alte walisische Hütehund aktiv. Allerding bedroht durch die Einkreuzung von Border Collie, und so taten sich 1997 walisische Farmer zusammen, um die alte Rasse zu bewahren. 

Alte Treibhunde

Geraint Davies erinnert an die Hunde seines Großvaters. Dies waren noch reine Treibhunde, die Schafe und Rinder von den Bergen bis zu den großen Märkten nach London trieben. Heute noch erkennt man die Drover Lanes in den Bergen. Die Hunde waren damals allerdings größer. Er berichtet, dass der Farmer nach dem Verkauf des Viehs, einschließlich seines Ponys, dem Hund den Sattel auf den Rücken band und ihn nach Hause schickte. Unterwegs machte der Hund Rast in den Gasthöfen, wo er Wasser und Futter bekam, ehe er weiter trabte. Ich vergaß zu fragen, wie der Drover nach Hause kam. Heute genügt ein kleinerer, wendigerer Hund, denn die langen, anstrengenden Viehtriebe gibt es nicht mehr. 

Welsh Sheepdog Arglwyddes Bela 2002
Welsh Sheepdog Arglwyddes Bela 2002

Selbstständiges Weiden

Anders als bei uns, wo die Herden nur eng begrenzte Gebiete abweiden dürfen und oft durch Ortschaften und über Straßen geführt werden müssen, handelt es sich in Schottland und Wales um eine so genannte Koppelhaltung. Die Schafe grasen selbstständig auf riesiegen Weideflächen und werden nur zu bestimmten Zeiten zusammengetrieben. An den Pferchen erfolgt das Markieren, Desinfizieren, Aussortieren und Scheren. Ist das vorbei, laufen die Schafe zurück auf ihre Weiden. Ein Hüten in unserem Sinne gibt es daher nicht. 

Die Koppeln sind riesig, oft ganze Bergrücken, auf denen die Schafe und Rinder weit verstreut weiden, weil das magere Gras nicht viel hergibt und riesige Flächen nötig sind, um die Schafe satt zu machen. Die Distanzen sind oft so groß, daß man die Hunde bei der Arbeit mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Früher ritt der Farmer mit einem Pony auf eine Bergkuppe und schickte von da aus den Hund durch die Täler auf gegenüberliegende Bergrücken. Wir fuhren mit dem Landrover halsbrecherisch auf die Bergrücken hinauf. 

Welsh Sheepdog - Tyngraig Sam 2002
Welsh Sheepdog Tyngraig Sam 2002

Bei der Arbeit

Der Wind blies uns kalt um die Ohren, und die kleine Bela sauste, nur durch Pfiffe gelenkt, von dannen. Immer weiter drängte sie der Farmer noch weiter zu laufen, sie war zunächst nicht begeistert, doch nach einiger Überredung schoss sie davon und ward nicht mehr gesehen. Zunächst eine langweilige Geschichte, aber dann sah ich, wie sich auf dem gegenüberliegenden Bergrücken eine kleine feine weiße Perlenkette bildete und auf dem Kamm entlanglief. Immer mehr weiße Punkte kamen hinzu, bis man die Schafe erkennen konnte, die wie von unsichtbarer Hand getrieben, weiterliefen. Schließlich konnte man mit viel Mühe den kleinen, zobelweißen Hund ausmachen, der in gemessenem Abstand hinter den Schafen herlief. Nun versteht man die Weißzeichnung, ohne sie wäre der Hund vor dem grünen und im August erikafarbenen, im Winter farnbraunen Hintergrund gar nicht zu erkennen. Bela hatte es geschafft, die Schafe waren bei uns angekommen. Freudig begrüßte sie ihren Herrn, der sie mit wenigen Worten lobte. Einige 100 Schafe hatte sie in kurzer Zeit zusammengeschafft. Kein Heer ausgebildeter Männer hätte das fertiggebracht. Kein Wunder, dass ein guter Hund, der sich auf solche Distanz von seinem Herrn zu lösen bereit ist und dennoch auf Pfiff gelenkt werden kann, Gold wert ist. Auch heute noch. Bela lief schnell wie ein Windhund, und das über viele Kilometer ohne richtig ausgepumpt zu sein. Nun zeigte uns Dewy, der Sohn des Farmers, mit seinem schönen tricolour Kurzhaarrüden Sam ein wenig Treibarbeit mit den Schafen. Auf mehreren Farmen durften wir dieses großartige Spektakel erleben. 

Welsh Sheepdog Gorslas Dot 2002
Welsh Sheepdog Gorslas Dot 2002

Auch die Arbeit am Pferch, bei der die Hunde wie in Australien auf den Rücken der Schafe laufen, um ans andere Ende der dicht gedrängten Herde zu gelangen, durften wir sehen. Diese Hunde sind arbeitsfreudig, sehr zäh und schnell, aber auch ruhig, wenn es nichts zu tun gibt. Hier spielt sicher der Ausbildungssand eine Rolle, denn allzu leichtführig sind die Hunde offenbar nicht, wie man uns sagte. 

Keine Haushunde

Diese Hunde haben nichts im Haus zu suche, sie sind gepflegt und wohl genährt, werden geschätzt und geliebt. Aber nicht verwöhnt, und sie kennen ihren Platz als Arbeitstier in einer Gemeinschaft, die Mensch und Tier viel abverlangt, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 

Vielseitig

Der Welsh Sheepdog ist vielseitig einsetzbar. Gänse bringt er auf Geheiß ins Wasser und holt sie wieder heraus, er kann mit Pferden umgehen, aber besondere Freude machen die schwarzen walisischen Rinder. Hunde, die eben noch mit Hunderten von Schafen arbeiteten, stürzen sich mit lachendem Gesicht auf die Rinderweide, um die Jungbullen in den Stall zu bringen. Sofort ändert sich die Taktik, sie gehen in Scheinangriff auf die Schnauze des Bullen los, um ihn zum Umdrehen zu bewegen. Sie schnappen nach den Hinterbeinen, ducken sich unter den ausschlagenden Hufen weg und haben einen riesigen Spaß dabei. 

Welsh Sheepdog Cwmbyr Bob 2002
Welsh Sheepdog Gwmbyr Bob 2002

Weitsichtige Zucht

Die Society nimmt ihre Aufgab sehr ernst. Sie wollen unter allen Umständen den Arbeitshund erhalten. Allerdings wird jetzt schon der Genpool eng, Verwandtschaftszucht will man vermeiden. Man sucht nun nach frischem Blut über den gleichen Hundetyp, der sich in anderen, abgeschiedenen Regionen der Insel erhalten konnte. Man interessiert sich für den Wicklow Collie in Irland und für die Nachkommen der Hunde, die einst walisische Auswanderer mit nach Amerika nahmen. Dort gibt es noch sogenannte Farm Collies, English Shepherds etc., auch Australian Shepherd hat Ähnlichkeit mit dem Welsh. Eines will man nicht: einen als Schauhund anerkannten Rassehund, der nur seiner Schönheit wegen gezüchtet wird. Deshalb werden die Zuchttiere sorgfältig geprüft. Da es 1997 noch keine Zucht mit Abstammungsnachweisen gab, wurden etwa 200 Tiere nach einer Überprüfung ihres Typs und ihrer Arbeitsleistung registriert. Noch immer werden neue Hunde dem Register zugeführt. Für die Zuchtzulassung muss der Hund seine Leistungsfähigkeit an den Schafen beweisen. Nur wenn er besteht, wird seine Nachzucht ins Register aufgenommen. Noch gibt es keinen Standard nach Äußerlichkeiten, die Typen sind recht unterschiedlich.

John Davis und Geraint Davies mit li Cefn Coch Gwalch, Cwnbyr Meg, Cwmbyr Bob

Wie sieht die Zukunft aus?

Erfahrungen als Familienbegleithunde gibt es nicht. Sie sind angenehme Hunde, aber sie haben ihre Aufgabe. Sind sie das auch noch in einem kleinen Vorstadtgärtchen? Reichen ein paar Spaziergänge täglich? Gibt er sich mit ein paar Runden Agility zufrieden?

Was aber, wenn die Schafzucht immer unwirtschaftlicher wird, wenn nur noch wenige Farmerssöhne nicht in die Stadt abwandern? Der Trend geht weg vom bäuerlichen Betrieb. Besonders die letzten Katastrophen BSE und Maul-und Klauenseuche haben manchen Farmer aufgeben lassen. Was passiert mit den Hunden, wenn man sie nicht mehr braucht, weil die Weiden – möglicherweise – wie in Schottland mehr Geld mit Rotwildbesatz einbringen? Mit den Schafen werden auch die Hunde verschwinden. Die Freunde der walisischen Schäferhunde stehen vor der schwierigen Entscheidung: Will man die Rasse als altes Kulturgut erhalten, dann kommt man um den Familienbegleit-und Rassehund nicht herum. Will man den altherkömmlichen Arbeitshund erhalten, so wird das nur so lange möglich sein, wie es Arbeit für ihn gibt.

Ahnherr unserer Collies

Dass der schottische Schäferhund nur eine Legende ist, ist mittlerweile bekannt. Schottland war einst von Kleinbauern besiedelt (Crofter, Pachtbauern auf dem Land der Clanchefs), die von ein paar Kühen, Schafen, Ziegen, Gänsen usw. leben konnten. Erst nach der sog. Säuberung der Highlands, die Vertreibung der Schotten von ihrem Land durch die Grundbesitzer, wurden die Weideflächen frei für groß angelegte Schafzucht. Dazu importierte man aus England Schafe, mit ihnen die Hunde. Wie genau der ursprüngliche schottische Bauernhund aussah, weiß man nicht mehr so genau. Niemand hat darüber Aufzeichnungen gemacht. Aufmerksam wurde man erst durch Queen Victoria, die auf ihrem Lieblingsschloß Balmoral die Schäfer beobachtete und von den klugen Hunden schwärmte. Die Hochburg der Colliezucht in ihren Anfängen lag aber in Mittelengland, und von da aus ist es nicht weit nach Wales.  Meiner Meinung nach muss man nicht lange rätseln, woher Old Cockie seine schöne sable Farbe hatte. Die walisischen „Collies“ sind wundervoll zobelfarben in leuchtenden Tönen. Es gibt sie natürlich auch in blue merle, sable merle und tricolour. Jedoch ist schwarz-weiß keine typische Farbe. Es soll eine gestromte Linie gegeben haben. Da Stromung dominant vererbt wird, kann sie rasch verlorengehen, weil immer ein Elternteil Strom haben muss. Farbe spielte nie eine große Rolle, deshalb gibt es auch einige zobel-merles, die mit ihren blauen Augen ausgesprochen attraktiv wirken. 

Beginn der Colliezucht

Mr. Shirley, einer der Begründer des Kennel Clubs und der Collliezucht, hatte Güter in Irland, wo er seine Showhunde von seinen Pachtbauern aufziehen ließ und nachweislich einige Vorfahren des Collies daherkamen, wie der Stammvater aller – Trefoil, ein black and tan farbener Rüde, geboren 1873. Der Weg nach Irland führt durch Wales, und wenn man unterwegs einen brauchbaren Hund sah, ging er jedenfalls in die Colliezucht ein. 

Vom Schafhund zum Begleithund

Dass der Collie ein angenehmer Familienhund wurde, liegt sicher an der entsprechenden Selektion, aber in großem Maße an der Einkreuzung von Barsoi, wodurch er an Größe und Gelassenheit gewann, was sein Leben als Luxusgeschöpf erträglich machte. Die würdevolle Ausstrahlung, die heute noch der Standard verlangt, beruht sicherlich auf dem Windhunderbe. 

Lurcher

Windhund-Hütehundkreuzungen, sog. Lurcher, werden heute noch in England gerne als Haus-und Familienhunde gehalten und wegen ihres angenehmen, anspruchslosen Charakters sehr geschätzt. 

Text und Fotos Copyright Eva-Maria Krämer

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