Inzucht – Ahnenverlust und Haplotypen

Ein aktuelles Thema. Wenn von 130 gedeckten Hündinnen 45 leer bleiben, sollte man sich näher mit dem Genpool der Rasse befassen. Die Rassehundezucht beruht auf Inzucht, um rascher den erwünschten Typ zu festigen. Das kann man machen und geht auch bis zu einem erstaunlichen Grade gut. Ich kenne  Züchter, die enge Inzucht betreiben und gesunde Würfe aufziehen. Es geht mir hier nicht um Vor- und Nachteile der Inzucht, sondern darum, die Tools des Collie Breed Archive vorzustellen.

Es ist uns gelungen zumindest für viele deutsche Hunde 10 Generationen und mehr einzugeben. Bei jedem Hund kann eine Stammbaumanalyse aufgerufen werden, die automatisch 7 Generationen anzeigt, aber wir können von 1 bis 10 einstellen. Ich habe als Beispiel willkürlich einen Hund ausgesucht (nicht den aus obigem Link), der 2020 geboren wurde. Die 5-Generationen-Ahnentafel gibt einen Inzuchtkoeffizienten (IK) von 0,00% an. Super, wo findet man das noch? Auch der Ahnenverlust ist erträglich: 12,9 %. 

Der IK beruht auf einer komplizierten Berechnung und ist ein eher theoretischer Wert. Zudem ist er irreführend, wenn beide Eltern nicht miteinander verwandt sind, aber beide beispielsweise aus Bruder-Schwester-Verpaarungen kommen. Dann ist der IK 0, aber der Ahnenverlust riesig. Für die Praxis ist also der Ahnenverlust etwas, das wir uns eher vorstellen und nachvollziehen können. So haben wir in 5 Generationen 62 mögliche Tiere, es sind aber in diesem Fall, da manche mehrmals auftauchen, nur 54. 8 Hunde kommen jeweils 2 mal in den 5 Generationen vor. Das ist doch sehr beruhigend, oder? 

ABER – schauen wir uns 7 Generationen an: Der IK ist immer noch niedrig mit 0,18%, doch der Ahnenverlust schnellt schon auf 34,3% hoch. Von 254 möglichen Vorfahren bleiben nur noch 167 – das Erbgut von 87 Tieren geht verloren. Bei den Vorfahren kommt nun einer in 7 Generationen 7 x vor, 4 fünfmal, usw. 

Richtig aufregend wird es mit 10 Generationen. Wie relevant sind 10 Generationen, werden Sie fragen? Spielt das noch eine Rolle? Doch sehen Sie selbst: Von 2.046 möglichen Ahnen bleiben nur noch 603 Individuen! Das macht einen AV von 70,5%. Der meist vorkommende Rüde bringt es auf 37 mal, der nächste auf 33, 27 usw. Und immer noch haben wir einen IK von nur 3,05%. 

Ich habe einen zweiten Rüden, der lt. Statistik derzeit Platz 2 der most popular sires einnimmt (soweit im Archiv vorhanden). 

5.   Generation IK 0,59%, AV 3,2.

7.   Generation IK 1,54%, AV 25,6

10. Generation IK 10,44%, AV 73,4 – nur 544 tatsächliche Hunde von 2.046!

Der am meisten vorkommende Hund steckt 59 x, der nächste 55 x, der nächste 48 x dahinter, usw. 

Wenn sich bei mir eine Hündin zu meinen Rüden zum Decken anmeldet, erstelle ich zunächst eine Testahnentafel und schaue mir die Vorfahren an. Da kann es passieren, dass ein recht hoher IK einen besseren AV zeigt und wenn man sich das Vorkommen der Ahnen anschaut, kommen einzelne Tiere gar nicht so häufig vor. Das ist eine wichtige Information. Wenn man die Rasse lange genug kennt und sieht, dass ein bestimmter bottleneck-Rüde über 80 mal auftaucht und ich weiß, was er alles so vererbt hat, dann werde ich die Verpaarung sicher nicht empfehlen… 

Das Collie Breed Archive bietet hier wirklich eine fantastische Möglichkeit in Ruhe die Abstammungen zurück zu verfolgen. 

Doch wenn die Rasse so „dicht“ ist, dass man mit einem so hohen Ahnenverlust leben muss, was bleibt dann? Schon im September 2010 schrieb Angela Harvey, Wicani Collies, einen hervorragenden Artikel über die Haplotypen in der Collie Revue. Es lohnt sich also, das Heft noch einmal herauszukramen und nachzulesen. Der Windhundzucht-und Rennverband hat sich mit diesem Thema befasst und eine Möglichkeit geschaffen die Haplotypen austesten zu lassen, damit wir überhaupt erst einmal einen Eindruck über den Stand in den Rassen haben. In den USA ist man beim Collie schon weiter, wir berichteten ebenfalls darüber, weil sehr viel an Genen zu Erbkrankheiten geforscht wird. Hier ist der Link zu einem ausführlichen Artikel von der Zuchtleiterin Barbara Thiel. 

https://www.windhundverband.de/wp-content/uploads/2021/05/dla_haplotypen.pdf