Kynologische Rückblicke… Shar Pei

 

In dieser Form möchte ich meine Rasseberichte wiederholen, die ich in den letzten 40 Jahren in Zeitschriften veröffentlichte. Oftmals war es Pionierarbeit, da mich natürlich alle neuen unbekannten Rassen besonders interessierten. Manch ein Hund, den ich damals sah, schrieb Rassegeschichte. Die Fotos und Informationen sammelte ich damals schon mit dem Ziel einen Rasseführer herauszugeben, was 1990 mit dem KOSMOS Hundeführer verwirklicht wurde. Mein Ziel war es, die Rassen, die ich beschrieb, persönlich mit ihren Menschen erlebt zu haben. Ein Abenteuer, das bis heute anhält. 

Eva-Maria Krämer 

Shar Pei – Chinesischer Faltenhund

Unvergesslich ist mir der Besuch bei Joachim Weinberg geblieben, der die ersten Shar Peis nach Deutschland brachte, die ich kennenlernen und fotografieren durfte. Diese Bilder – noch 6×6 Dias gemacht mit meiner Hasselblad – schmückten als große Seltenheit damals viele Bücher und Zeitschriften. Joachim Weinberg schrieb viele Jahre später ein Buch über sein Leben. Unbedingt lesenswert. Er war ein Pionier in Sache exotische Hunderassen. Oktober 2023.

Bericht über die ersten Shar Peis in Deutschland, Geflügelbörse 11/1981 von Eva-Maria Vogeler 

Shar Pei — neue chinesische Köstlichkeit erstmals in Deutschland. Bei derartigen Schlagzeilen könnten Feinschmecker aufhorchen — aber Tam Tam und Dong Wong würden es sehr übelnehmen, das Schicksal ihrer Vorfahren teilen zu müssen geschlachtet und gegessen zu werden. Ihre Lebensaufgabe ist es, nicht den Gaumen, sondern das Herz ihrer Besitzer zu erfreuen. Shar Peis sind nämlich entzückende Hunde chinesischer Herkunft.

Joachim Weinberg, ehemaliger Solotänzer des Staatstheaters in Hamburg, Gründer des Clubs für Exotische Rassehunde, hat es geschafft: Nachdem er schon Chihuahua, den chinesischen haarlosen Schopfhund, Inca Orchid Dogs und Xoloizcuintle in Deutschland bekannt gemacht hatte, konnte er zusammen mit Linda Reinelt ein Pärchen Shar Peis erwerben. Die ulkigen Faltenhunde waren mehrfach durch die Weltpresse gegangen, nachdem sich amerikanische Züchter der chinesischen Rasse angenommen hatten. Immer wieder wurde Weinberg nach diesen „komischen Hunden” gefragt.

Als er sich daraufhin näher mit dem Shar Pei befasste, faszinierte ihn diese Rasse so, dass

er sich bemühte, ein Pärchen in den USA zu kaufen. Doch das war nicht so einfach und dauerte Jahre, denn die seltenen Hunde sind trotz traumhafter Preise sehr gefragt. Im August 1979 trafen dann „Bedlams Lovesong” und „Bedlams Lover Boy” in Hamburg ein.

Der Shar Pei — der Name bedeutet „Hund mit sandfarbenem Fell” — stammt aus der Provinz Guangdong. Tonfigürchen aus der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) beweisen, dass diese Hunderasse in ihrer heutigen Form schon sehr alt ist. Der Shar Pei wird von den Chinesen als Kampfhund bezeichnet, aber nur ganz wenige Exemplare wurden tatsächlich für Hundekämpfe benutzt. Da sie von ihrer Natur aus gar keine Kämpfer sind, mussten sie mit Drogen angestachelt werden. Ihre eigentlichen Aufgaben waren die eines Hüte- und Wachhundes. Hunde, die sich hierfür nicht besonders gut eigneten, dienten zur Bereicherung des Speisezettels chinesischer Familien.

Außerhalb der Volksrepublik China konnten die Shar Peis nur in Hongkong, der britischen Kronkolonie, überleben. Doch in der Enge Hongkongs kann sich eine Hundezucht wahrlich nicht entfalten. Ein Züchter schrieb 1973 einen Artikel in der amerikanischen Hundezeitschrift „Dog World” und rief die hundeliebende amerikanische Bevölkerung auf, dieses Stück lebendes Kulturgut Chinas zu fördern, indem sie einige Exemplare in die USA importierten und weiterzüchteten. Dieser eigenartige Hund erregte großes Aufsehen in den USA. Über 200 Anfragen kamen, doch nur wenige Exemplare standen zur Verfügung, denn es galt, nur die besten und typischsten Vertreter zu exportieren. Ernest Albright, einer der ersten, der Shar Peis in die USA importierte, machte die Rasse mit Hilfe der internationalen Presse weltweit bekannt. Er baute die Zucht Dank seiner umfangreichen Ermittlungen und Forschungsarbeit in den Staaten neu auf. 1977 gab es 100 Exemplare, heute schätzt man die Zahl der Shar Peis in den USA schon auf 400.

Shar Peis werden ca. 50 cm hoch (Schulterhöhe) und wiegen etwa 20 kg. Eine der vielen Besonderheiten ist das Bürstenhaar (es gibt aber das glatt anliegende „Pferdehaar”), es wird ca. 2,5 cm lang und steht im rechten Winkel von der Haut ab. Seine Farben sind creme-, reh, hellrehfarben oder schwarz, die Zunge ist blau oder „geblümt” (rosa mit schwarzen Tupfen). Doch das Besondere am Shar Pei sind die Falten, die besonders stark beim Welpen ausgeprägt sind. Es scheint, als sei die Haut gar nicht für seinen Besitzer geschaffen, viel zu weit ist sie, ja manchmal fällt sie sogar über die Augen! Später strafft sie sich etwas. Der ganze Hund wirkt eher wie ein kleines Nilpferd mit dem dicken Kopf ohne Stirnabsatz und den zentimeterdicken Lefzen. Wer zunächst beim Betrachten der Fotos entsetzt sein mag, wird eines besseren belehrt, hat er die Chance, einen Shar Pei persönlich kennenzulernen.

Einen zärtlicheren, sympathischeren Hund kann man sich kaum vorstellen. Dong Wong begrüßt Fremde begeistert und dankt, mit seiner dicken puddingartigen Schnauze zärtlich kneifend, für jede Liebkosung. Allerdings werden erwachsene Shar Peis Fremden gegenüber etwas zurückhaltender. Auch das unvermutet elegante, federnde Gangwerk, seine stolze Kopfhaltung, faszinieren. Schon die beiden jungen Hunde zeigen ausgeprägte Wachsamkeit.

Alles, was sich um das Grundstück herum tut, wird aufmerksam verfolgt und notfalls verbellt. Seinem wachsamen Blick entgeht nichts, dabei ist er aber kein Kläffer. Shar Peis sind von Natur aus leicht zu erziehen, sie lieben Menschen und bemühen sich stets, ihnen alles recht zu machen. Tam Tam und Dong Wong hatten offenbar eine gute Kinderstube, denn sie waren sofort stubenrein, überhaupt hat sie der lange Transport von Kalifornien nach Hamburg nicht beeindruckt. Fröhlich hüpften sie aus ihrer Kiste, glücklich, wieder Menschen um sich zu haben. Das Wesen der Shar Peis ist einfach bezaubernd. Er ist kein Exote, den man sich wegen seines einmaligen Äußeren als Schaustück hält, sondern ein echter Hund, der viel Freude macht und bei näherem Betrachten seine eigene, seltsame Schönheit entfaltet.

Copyright Text und Fotos Eva-Maria Krämer

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